Politische Positionen

Politik trifft Praxis mit Daniela Schmitt

  • 02.02.2024
  • Politische Positionen

Mainz.

Dass beim ersten „Politik trifft Praxis“ des Jahres 2024 bundesweite Bauernproteste ein zentrales Thema werden sollten, ahnte bei der Terminabsprache im vergangenen Jahr noch niemand. Umso erfreulicher, dass der Termin mit Ministerin Daniela Schmitt genau eine Woche nach dem Ende der Aktionswoche der deutschen Landwirtschaft im Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau des Landes Rheinland-Pfalz stattfinden konnte.

Bereits im einleitenden Themenimpuls unterstrich die Ministerin, dass sie sich insbesondere in solch herausfordernden Zeiten auf einen konstruktiven Austausch freue, die aktuelle Debatte aber schwerpunktmäßig von der Bundespolitik zu lösen ist.

Die zentralen Themen des Termins waren neben der Agrardieseldebatte auch die steigenden regulatorischen und bürokratischen Anforderungen an die Unternehmerinnen und Unternehmer, vor allem im Zusammenhang mit roten Gebieten und Pflanzenschutz.

Die Genossenschaftsvertreter waren sich mit der Ministerin einig, dass der regelmäßige Austausch von politischen Entscheidern und Praxisvertretern insbesondere in diesen Zeiten essenziell ist. Zahlreiche Landwirtinnen und Landwirte im Bundesland fühlen sich nicht mehr gehört und daher berufen, sich mit Protesten wieder eine Aufmerksamkeit bei der Politik zu verschaffen. Auf die Kritik eines fehlenden Dialogs mit der Branche erläuterte Schmitt, dass die Haushaltsplanung im Bund und die Entscheidung Dieselsubventionen zu beenden nicht nur ohne Branchenvertreter, sondern auch gänzlich ohne die Ländervertreter vollzogen wurde.

Ein Kritikpunkt der Genossenschaftsvertreter in der Debatte sind falsche Tatsachen: Medial wird oft nicht deutlich, wie groß die Auswirkungen der Streichungen von Agrardieselrückerstattungen für die Genossenschaften und ihre Mitglieder tatsächlich sind. Insbesondere Obst- und Gemüsebaubetriebe werden massiv unter der Entwicklung leiden. Der Kraftstoffverbrauch ist hier oftmals zwei- bis dreimal höher als der durchschnittlicher Ackerbaubetriebe. Die Mehrkosten, die durch den stufenweisen Ausstieg aus den Agrardieselrückerstattungen entstünden, lägen schnell bei über 200T€ im Jahr, rechnen Teilnehmer vor. Diese und weitere gestiegenen Produktionskosten im Obst- und Weinbau lassen sich auch zukünftig nicht eins zu eins an den Lebensmitteleinzelhandel weitergeben. Ein Genossenschaftsvorstand befürchtet vor diesem Hintergrund den Ausstieg Vieler aus der Landwirtschaft. Die Zahl der Mitgliedsbetriebe werde in den nächsten zehn Jahre um etwa 50% zurückgehen.

Die Regulatorik schnürt der Branche den Hals zu

Eine weitere Hürde sind wachsende bürokratische Anforderungen an landwirtschaftliche Betriebe und vor- bzw. nachgelagerte Unternehmen. Der Branchennachwuchs überlege sich sehr gut, ob es noch lohnend ist, sich die Selbständigkeit aufzubürden.

Allein der bürokratische Aufwand für die „gerechte“ Verteilung der GAP-Zahlungen ist immens. Dabei sollte das langfristige Ziel doch sein, dass die Erzeugerinnen und Erzeuger mithilfe von fair bezahlten Agrarerzeugnissen vollständig ohne Subventionen auskommen.

Zwar könne sich das Land hinsichtlich der Dokumentationspflichten und Auflagen nicht von den Vorgaben der EU- und Bundespolitik lossagen. Der eigene Gestaltungsspielraum muss allerdings sinnvoll genutzt werden. Ein Vorschlag aus der Praxis an die Politik: Mit einer Prioritätenliste beginnen und konkrete Entlastung schaffen.

Insgesamt wurde deutlich, dass es in der aktuellen politischen Debatte nicht um Einzelthemen, sondern um die Zukunftsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft geht. Konkrete Lösungsansätze, wie die aktuellen Herausforderungen von den Branchenvertreter besser gemeistert werden können, blieb das Land schuldig. Nichtsdestotrotz gingen die Vertreter aus Politik und Praxis nach dem Austausch mit der Absicht, auch in Zukunft im Austausch zu bleiben, auseinander.

Die Veranstaltungsreihe „Politik trifft Praxis“ des Genoverbands ermöglicht seit mittlerweile neun Jahren einen regelmäßigen Austausch zwischen politischen Entscheiderinnen und Entscheidern und einem ausgewählten Kreis von Genossenschaftsvertreterinnen und -vertretern.

Das nächste „Politik trifft Praxis“ findet mit Silke Gorißen (Ministerin für Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen) am 19. April 2023 in Düsseldorf statt.

Sprechen Sie hierzu gerne an:

Laurie Breuer Profil bild

Laurie Breuer

Referentin Kommunikation und Politik

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