4. Newsletter Ausgabe 04/2023

Sachsen-Anhalt: Jahresgespräch mit Landwirtschaftsminister Schulze

Am 05. April fand das Jahresgespräch des Genossenschaftsverbandes – Verband der Regionen e. V. mit Herrn Sven Schulze (Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten des Landes Sachsen-Anhalt, CDU) und Vertretern der Agrargenossenschaften aus Sachsen-Anhalt, in Magdeburg statt. Zentrale Gesprächsthemen waren der Austausch über die wirtschaftliche und agrarpolitische Lage, die Gemeinsame Agrarpolitik in 2023 und die Zukunft dieser ab 2027. Die Berücksichtigung von in einer Genossenschaft tätigen Junglandwirten für die Junglandwirteförderung wurde auch bei diesem Termin intensiv diskutiert. Großen Anklang fanden die Erfolge bei der Personalgewinnung in Agrargenossenschaften.

(auf dem Bild zu sehen sind vlnr: Herr Dalichau, Herr Zieger, Herr Dr. Eisen, Herr Giebelhausen, Herr Minister Schulze)



Update Agrarstrukturgesetz

Nachdem das Brandenburger Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz (MLUK) im Januar über Eckpunkte des Gesetzes informiert hatte (Bericht im 2.Newsletter), liegt nun der Entwurf des „Gesetzes zum Erhalt und zur Verbesserung der Agrarstruktur auf dem Gebiet des landwirtschaftlichen Bodenmarkts“ vor. Den Originaltext finden Sie hier.

Bis zum 29. Mai 2023 haben betroffene Verbände die Möglichkeit, das Gesetz in Gänze zu bewerten und eine Stellungnahme abzugeben. Der Genossenschaftsverband wird dies im Interesse der Agrargenossenschaften vorbereiten und insbesondere auch über den Fachrat abstimmen.

Der vorgelegte Regelungsentwurf bleibt insgesamt recht nah an den Eckpunkten, was nicht verwundert. Seit März fanden Konsultationen mit dem MLUK statt, ohne dass der Gesetzentwurf bekannt war. Einige Interessenvertretungen hatten daher vom Austausch mit der Landesregierung zu Einzelfragen abgesehen. Ein wie sonst übliches Konsultationsverfahren ist erst jetzt möglich, wo der konkrete Gesetzentwurf vorliegt.

Inhaltlich ist dem offiziellen Entwurf nicht viel Neues abzugewinnen. Landwirtschaftsminister Vogel möchte mit dem Gesetz einen Preisanstieg bei Pachtflächen und Grundstücksverkäufen dämpfen und mehr Einfluss gewinnen, wenn sich landwirtschaftsfremde Investoren einkaufen wollen. Landwirte sollen leichter Zugang zu bezahlbaren Flächen bekommen. Für große Betriebe ab 2.600 Hektar soll es nach den Gesetzesplänen künftig schwerer werden, Land dazu zu kaufen. Gewisse Verkäufe von Geschäftsanteilen an Agrarbetrieben müssen nach den Plänen des Agrarministeriums angezeigt werden und können beanstandet werden.

Es bleibt zunächst der entscheidende Vorwurf am Vorhaben, der eines nichtadäquaten Eingriffs in die Eigentumspositionen landwirtschaftlicher Eigentümer. Insgesamt bleibt der Eindruck, dass aus parteipolitischen Gründen ein Gesetz vorgelegt wurde, das in Konsequenz die größere Gefahr für die Agrarstruktur darstellt.

Wir werden uns auch in den Folgeausgaben dieses Newsletters noch detailliert zum Gesetzentwurf äußern und Sie über die für die Agrargenossenschaften relevanten Entwicklungen informieren.

Genossenschaftsverband reicht Stellungnahme zum Gesetzesentwurf zum Thüringer Agrar- und Forstflächenstrukturgesetz ein

Konkreter werden auch die Vorhaben für Agrarstrukturgesetze in Thüringen und Sachsen. Landwirtschaftsministerin Karawanskij begründet ihren Antritt in Thüringen wie folgt: „Es ist die Aufgabe der Politik, lokalen Landwirtinnen und Landwirten den Zugang zu ihrem wichtigsten Produktionsgut, dem Land, zu sichern und somit ihre wirtschaftliche Grundlage zu erhalten. Die Thüringische Landwirtschaft ist überwiegend von regional verankerten Haupt- und Nebenerwerbsbetrieben sowie von Agrargenossenschaften unterschiedlicher Größe geprägt. Diese historisch gewachsene Landwirtschaftsstruktur wollen wir bewahren.“

Warum dies mit dem vorgelegten Entwurf aus Sicht des Genossenschaftsverbands nicht gelingt, haben wir der Ministerin kürzlich mit unserer Stellungnahme dargelegt. Wir werden uns weiter für die Belange der Agrargenossenschaften einsetzen und das Gesetzgebungsverfahren eng und mit weiteren Maßnahmen begleiten.

Was machen Sie beim Genossenschaftsverband?

Ich setze mich mit ganzer Kraft und viel Engagement für die Genossenschaften und die genossenschaftliche Idee ein. Es ist mir wichtig, die Genossenschaften nachhaltig fit für die Zukunft zu machen. Dies umfasst einerseits eine aktive Vertretung der Interessen der Genossenschaften und andererseits deren Unterstützung durch die Beratungsleistungen der Verbandsfamilie.

Welche Schwerpunkte betreuen Sie als Bereichsleiter beim Verband?

Die Agrargenossenschaften sind ein besonderer Schwerpunkt meiner Tätigkeit. Ich bin davon überzeugt, dass diese Form der Landwirtschaft in kooperativen Mehrfamilienbetrieben ein echtes Zukunftsmodell für eine nachhaltige Landwirtschaft in Deutschland und Europa sein kann. Insgesamt verantworte ich die Abteilungen Beratung und Betreuung Genossenschaften. Dies umfasst auch die vier Fachvereinigungen der Realwirtschaft im Genossenschaftsverband sowie die Genossenschaftsgründungen und Schülergenossenschaften.

Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?

Es wird nie langweilig und es kommt überhaupt kein Alltagsgefühl auf. Jeder Tag hat seine eigenen Herausforderungen. Für mich von wesentlicher Bedeutung ist der persönliche Kontakt zu den Genossenschaften vor Ort, in den Unternehmen. Deshalb bin ich auch viel in den Regionen unseres Verbandsgebiets unterwegs.

Was machen Sie in Ihrer Freizeit?

Ich versuche das kulturelle Angebot an meinem Wohnort Berlin so viel wie möglich auszunutzen, was mir leider nicht so gelingt, wie ich mir das wünsche. Zur Entspannung werkle ich gerne in meinem Garten – bin aber sehr froh, dass ich hier nicht zu meiner Ernährungssicherung beitragen muss und dies den Genossenschaften überlassen kann.

Andreas Eisen Profil bild

Dr. Andreas Eisen

Beratung und Betreuung Genossenschaften
Bereichsleiter

Im Rahmen der GAP-Antragstellung 2023 können Agrargenossenschaften erstmals die Junglandwirteprämie beantragen, die (geschätzt) 134 €/ha für bis zu 120 ha ausmacht - das entspricht einem Maximum von 16.080 €/Betrieb/Jahr.

Wir sind überzeugt, dass Agrargenossenschaften ein wichtiger Bestandteil modernen landwirtschaftlichen Unternehmertums sind, in dem junge Landwirte als Mitglieder, Eigentümer und Mit-Unternehmer in den Genossenschaften unternehmerische Verantwortung übernehmen. Es ist daher erfreulich zu sehen, dass das GAP-Direktzahlungsgesetz (GAPDZ) endlich eine Gleichbehandlung von Agrargenossenschaften ermöglicht.

Leider vertritt das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft derzeit noch die Auffassung, dass ein Junglandwirt Mitglied des Vorstandes der Genossenschaft sein muss, damit die Junglandwirteprämie gewährt werden kann.

Aus unserer Sicht ist die Mitgliedschaft des Junglandwirtes in der Agrargenossenschaft und damit sein Status als gleichberechtigter Mit-Unternehmer völlig ausreichend, um Anspruch auf die Junglandwirteprämie zu haben. Dies wird auch durch ein von uns in Auftrag gegebenes, unabhängiges Rechtsgutachten einer renommierten Kanzlei, bestätigt.

Für die Bewilligung der Junglandwirteprämie müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Das Alter des Junglandwirts/der Junglandwirtin muss im Jahr der erstmaligen Antragstellung unter 41 Jahre sein (für 2023: geboren am 01.01.1983 oder später).
  • Der Junglandwirt/die Junglandwirtin darf erst innerhalb der letzten fünf Jahre (nicht vor 2018) Kontrolle als Mitglied (Position Genossenschaftsverband - Verband der Regionen e. V.) bzw. als Vorstandsmitglied (Position Bundesministerium) über eine Agrargenossenschaft ausgeübt haben.Es darf zuvor noch kein Antrag auf Junglandwirteförderung gestellt worden sein.

Zusätzlich muss einer der folgenden Punkte erfüllt sein:

  • Der Junglandwirt/die Junglandwirtin hat eine Berufsausbildung in der Landwirtschaft abgeschlossen oder einen Studienabschluss in Agrarwirtschaft erworben.
  • Es wurde eine Bildungsmaßnahme absolviert, die mindestens 300 Stunden zur Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten zur Führung eines landwirtschaftlichen Betriebs umfasst. Der Junglandwirt/die Junglandwirtin war mindestens zwei Jahre in einem oder mehreren landwirtschaftlichen Betrieben tätig, entweder durch einen Arbeitsvertrag mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden, als mithelfende/-r Familienangehörige/-r im Rahmen einer krankenversicherungspflichtigen Beschäftigung oder als Gesellschafter/-in eines landwirtschaftlichen Betriebes mit einer wöchentlichen Leistung von mindestens 15 Stunden.

Soweit eines Ihrer Mitglieder die o. g. Kriterien erfüllt, steht Ihnen nach unserer Auffassung die Junglandwirteförderung zu. Für uns ist die sehr enge Auffassung des Bundesministeriums, dass der Junglandwirt/die Junglandwirtin Mitglied des Vorstandes sein soll völlig unverständlich. Damit wird weiterhin eine Gleichbehandlung von Junglandwirten in Agrargenossenschaften verhindert.

Wir werden versuchen, das Bundesministerium mit unseren guten (genossenschafts-)-rechtlichen und agrarpolitischen Argumenten zu überzeugen und fordern Sie auf, die Junglandwirteprämie zu beantragen, um Ihre Ansprüche sichern zu können.

Wir möchten jedoch darauf hinweisen, dass ein Widerspruchs- bzw. Klageverfahren nicht ausgeschlossen ist, um sicherzustellen, dass alle Junglandwirte die gleichen Chancen erhalten. Wir sind auf entsprechende Musterverfahren vorbereitet. Wir halten Sie auf dem Laufenden – hierzu können Sie sich gerne zu unserem Newsletter anmelden – und hoffen auf eine positive Entwicklung in dieser Angelegenheit.

Herr Dr. Maximilian Dombert, die Agrargenossenschaften fordern seit Jahren die Gleichbehandlung von Agrargenossenschaften bei der Ausgestaltung von Fördermitteln, wie weit sind die Agrargenossenschaften mit ihrem Anliegen zwischenzeitlich gekommen?

Dr. Dombert: Auf europäischer Ebene haben die Agrargenossenschaften hier durchaus Gehör gefunden, so wollte der europäische Gesetzgeber explizit die Chancengleichheit einzelner Mitglieder in Agrargenossenschaften und in vergleichbaren kooperativen Mehrfamilienbetrieben verbessern.

Was bedeutet das konkret?

Das Gemeinschaftsrecht ermöglicht es, beispielsweise Umverteilungen von Direktzahlungen bei juristischen Personen vom Betrieb auf dessen Mitglieder zu verlagern. Konkret ist damit etwa die Förderung der ersten Hektar oder die Förderung von Junglandwirten auf Ebene der Mitglieder einer Agrargenossenschaft angesprochen.

Agrargenossenschaften sind nun in Ihrer besonderen demokratischen Struktur gleichberechtigt?

Leider nein. Der deutsche Gesetzgeber hat diesen Spielraum, etwa bei der Förderung der ersten Hektar sowie der JungIandwirteförderung bei Agrargenossenschaften auf der Ebene der Mitglieder anzusetzen, nicht genutzt.

Aber die Junglandwirteförderung ist jetzt doch auch für Agrargenossenschaften möglich, oder nicht?

Dies ist richtig, darauf wurde in der Gesetzesbegründung zum GAP-Direktzahlungsgesetz sogar ausdrücklich hingewiesen. Allerdings kann eine Agrargenossenschaft diese Prämie nur einmalig beantragen, auch wenn mehrere Mitglieder Junglandwirte sind. Hier hat der deutsche Gesetzgeber die europäischen Möglichkeiten nicht genutzt, Mitglieder von Agrargenossenschaften gleich zu behandeln wie Einzellandwirte.

Was sind die Voraussetzungen für Agrargenossenschaften, um die Junglandwirteprämie beantragen zu können?

Es muss natürlich eine junge Landwirtin oder ein junger Landwirt (entsprechend der Gesetzesdefinition) aktives Mitglied der Agrargenossenschaft sein und dort arbeiten. Aus unserer Sicht sind das die notwendigen Voraussetzungen.

Aus Ihrer Sicht?

Ja, leider interpretiert das Bundesministerium für Landwirtschaft das Gesetz derzeit so, dass der Junglandwirt Mitglied des Vorstands sein muss. Es wird sinnvoll sein, dem Bundesministerium die Besonderheiten der Agrargenossenschaften und der genossenschaftlichen Rechtsform mit gleichberechtigten Mitgliedern als Mit-Unternehmer noch einmal zu erläutern. Hier wird am 28. April noch einmal ein Gespräch mit der Hausleitung des BMEL (Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft) stattfinden.

Was raten Sie den Agrargenossenschaften?

Auf alle Fälle die Prämie zu beantragen, wenn eine Junglandwirtin oder ein Junglandwirt Mitglied der Genossenschaft ist. Sollte das BMEL seine Meinung nicht noch ändern, dann muss letztlich der Rechtsweg eine Klärung herbeiführen. Hier sehe ich aber gute Chancen für die Agrargenossenschaften sich mit ihrer Position durchzusetzen.

Zum Fachrat Agrargenossenschaften des Verbandes treffen sich zweimal jährlich 40 gewählte Mitglieder aus Agrargenossenschaften. Für die Sitzung am 16. März am Seddiner See standen u.a. Fachkräftemangel, aktuelle Trends am Milchmarkt, Junglandwirteförderung und Agrarstrukturgesetze auf der Agenda.

Als externe Referentin hat Frau Prof. Antje Tölle einen sehr spannenden Vortrag über die aktuelle Diskussion am Bodenmarkt und die angedachten Regulierungen gehalten. Schwerpunkte waren unter anderem die aktuellen Entwicklungen im Grundstücksverkehrsrecht und die entsprechenden Vorschläge der einzelnen Bundesländer.

Der Genossenschaftsverband hat im Rahmen der Sitzung zu den Erfolgen der Initiative Agrar berichtet, die im vergangenen Jahr gestartet ist, um die Leistung des Verbands für die Mitglieder zu erweitern und zu verbessern. Ein Erfolgsbeispiel ist das neu auferlegte Schulungsprogramm für Nachwuchsführungskräfte, das sehr schnell ausgebucht war. Eine Neuauflage eine Neuauflage mit höheren Kapazitäten ist im vierten Quartal 2023 bereits terminiert.

Der nächste Fachrat findet am 7. November statt.

Simone Roscher Profil bild

Dr. Simone Roscher

Abteilungsleitung Beratung und Betreuung Genossenschaften II

Der Klimawandel macht sich auch in der Landwirtschaft im täglichen Arbeiten bemerkbar. Dennoch steckt das Klimamanagement in der Branche bisher in den Kinderschuhen. Herr Iacob-Lucian Marginean (Berater Genossenschaften I) erklärt die Besonderheiten des Klimamanagements für Agrargenossenschaften.

Was sind die Treiber für die Beschäftigung mit dem Klimamanagement?

Die Treiber für die Beschäftigung mit dem Klimamanagement und der damit verbundenen Treibhausgasbilanzierung können unterschiedlich sein. Manche handeln aus Überzeugung, andere aus Kostengründen oder sind von Innovationen geleitet. Weitere Treiber entspringen aus der Notwendigkeit heraus, gewisse Anforderungen aus der Lieferkette erfüllen zu müssen. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn Produktabnehmer bzw. Kunden eine einfache Klimabilanz für das Unternehmen oder ein Produkt anfragen. Auch das Erfüllen gesetzlicher Anforderungen ist ein wesentlicher Treiber für die Auseinandersetzung mit dem Thema Klimaschutz. Insbesondere in der deutschen Gesetzgebung bestehen bereits viele Berührungspunkte mit relevanten Aspekten des Themas, welche ein operatives Klimamanagement erfordern. In der Agrarbranche gewinnt das Klimamanagement aktuell zunehmend an Bedeutung, nachdem es lange wenig wahrnehmbar war.

Sie sprechen von Treibhausgasbilanzierung in Verbindung zum Klimamanagement. In welcher Beziehung stehen die beiden Themen bzw. Aktivitäten zueinander?

Die Ziele des Klimamanagements, als eine ganzheitliche strategische Auseinandersetzung mit dem Klimawandel, sind es unternehmerische Treibhausgasemissionen zu erfassen, zu reduzieren, zu bilanzieren und darüber transparent zu berichten. Die Erstellung einer Treibhausgasbilanz ist der erste Schritt und damit die Basis für die Einführung eines ganzheitlichen Klimamanagements im Unternehmen. Die Berechnung basiert auf umfassenden Daten und anerkannten Standards. Übrigens ist eine Treibhausgasbilanz auch unter Bezeichnungen wie Klimabilanz, CO2-Bilanz oder CO2-Fußabdruck bekannt. Die auf die Bilanz folgenden Schritte im Hinblick auf die Einführung eines ganzheitlichen Klimamanagementsystems umfassen die Entwicklung von Klimazielen, Maßnahmen zur Zielerreichung (beispielsweise durch Vermeidung), Reduktion oder Kompensation von klimaschädlichen Emissionen und schließlich die Berichterstattung und Kommunikation.

Wie komplex ist die Treibhausgasbilanzierung in der Landwirtschaft?

Die Berechnung der gesamten Treibhausgasemissionen eines Unternehmens inklusive der indirekten Emissionen, beispielsweise innerhalb der Lieferkette, kann eine komplexe Aufgabe sein. Allerdings ist die Berechnung eines grundlegenden Fußabdrucks, der lediglich die direkten Emissionen sowie die Emissionen aus dem Energiebezug berücksichtigt, unkompliziert. Die Besonderheit der Agrarbranche liegt darin, dass auch biogene Emissionen eine Rolle spielen. Die Erfassung von Emissionen durch biologische Zersetzungsprozesse kann sehr herausfordernd sein und für die bilanzierenden Unternehmen auch weniger greifbar bzw. nachvollziehbar als etwa Verbrennungsprozesse. Die Bilanzierung bietet wiederum auch wertvolle Erkenntnisgewinne für die Agrargenossenschaften, da diese eine neue Sicht auf die eigenen unternehmerischen Tätigkeiten ermöglichen. Die eigene Klimabilanz regt zu neuen Fragestellungen an: In welcher Form fließen indirekte Emissionen aus dem Zukauf von Futtermitteln in unsere Bilanz ein? Wie stehen wir im Vergleich zu anderen Betrieben dar? Ist unser ökologisch oder konventionell wirtschaftendes Betriebsmodell klimaschädlicher oder klimafreundlicher als das alternative Modell? Wie fließt der Betrieb unserer Biogas-Anlage oder unserer PV-Anlage, von denen wir uns positive Effekte erhoffen, in die Klimabilanz ein? Können wir über vermiedene Emissionen berichten oder sogar Klimazertifikate generieren, wenn wir unseren Beitrag zur Humusbildung berücksichtigen?

Über die bereits benannten Erkenntnisgewinne hinaus, welchen Nutzen stiftet eine Klimabilanz?

Durch Klimamanagement und damit verbundene Klimaschutzmaßnahmen können in Unternehmen Prozesse und Entscheidungen angestoßen werden, die sich nicht nur auf den eigenen Betrieb, sondern auch auf die gesamte Gesellschaft positiv auswirken. Man denke beispielsweise an vermiedene Extremwetterlagen wie Hochwasser oder Hitzewellen. Wenn man den Blick jedoch nach innen richtet, so lassen sich direkte und indirekte Nutzen erkennen: Wenn eine Klimabilanz einen direkt verwertbaren Vorteil generiert, etwa durch Kosteneinsparung aufgrund eines niedrigeren Energieverbrauchs infolge von Klimaschutzmaßnahmen, so sprechen wir über einen direkten Nutzen, einen direkt verwertbaren Vorteil. Indirekte Vorteile sind nicht direkt finanziell vorteilhaft, sondern wirken in Kombination mit anderen Effekten: Wenn Aspekte einer Klimastrategie in die Bewertung des Unternehmens durch Investoren einfließen, kann sich dies positiv auf den Zugang zu Kapital auswirken. Darüber hinaus tragen eine Klimabilanz und ein ganzheitliches Klimamanagement zur Verbesserung der Innovationsfähigkeit bei und schaffen indirekt die Möglichkeit, zusätzlichen Umsatz zu generieren.

Sie haben das Thema Klimazertifikate in Verbindung mit der Landwirtschaft angesprochen. Was lässt sich darunter verstehen?

Wenn sich Treibhausgase nicht mehr vermeiden und reduzieren lassen, kommt deren Ausgleich in Betracht. Unternehmen wie auch Institutionen und Privatpersonen können Emissionsminderungsgutschriften (meist als Zertifikate bezeichnet) zur freiwilligen Kompensation erwerben, mit denen Klimaschutzprojekte finanziert werden. Bei der freiwilligen Kompensation sind eine Vielzahl zum Teil komplexer Aspekte zu berücksichtigen.

Wie der freiwillige Ausgleich von Treibhausgasemissionen in Klimaschutzprojekten funktioniert, erläutern wir erstmalig in einem eigens zu diesem Thema konzipiertes Webinar am 13.06.2023. Das vermittelte Wissen soll den Teilnehmenden helfen, sowohl die Perspektive der Käufer von Zertifikaten, als auch die der Emittenten, besser zu verstehen. Dieses Verständnis wird in der Veranstaltung mit diversen Beispielen aus der Landwirtschaft untermauert.

Klimaneutralität: Der Weltklimarat (IPCC) definiert »Klimaneutralität« als Konzept eines Zustands, in dem menschliche Aktivitäten keine Nettoauswirkung auf das Klimasystem haben. Dieser Zustand wird erreicht, wenn die verbliebenen Emissionen durch Aufnahme von Treibhausgasen in Senken ausgeglichen und regionale oder lokale biogeophysikalische Auswirkungen menschlicher Aktivitäten berücksichtigt werden, die z.B. das lokale Klima beeinflussen.

Quellenangabe: 2022_UN_Global_Compact_Netzwerk_Deutschland_Einfuehrung_Klimamanagement_Neuauflage.pdf (globalcompact.de)

Weitere Informationen zum Webinar „Klimazertifikate in der Landwirtschaft“ finden Sie hier.

Wissen Sie was eine interne Meldestelle ist und welche Vorgaben damit verbunden sind?

Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) ist die deutsche Umsetzung der EU-Whistleblower-Richtlinie, die erstmals EU-weit einen standardisierten Schutz für Hinweisgeber festlegen will.

Das Gesetz regelt den Schutz natürlicher Personen, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt haben und diese an die Meldestellen weitergeben (Hinweisgeber). Dies bezieht Mitarbeiter, Kunden, sonstige Vertragspartner sowie Personen, deren Arbeitsverhältnis bereits beendet ist oder noch nicht begonnen hat, mit ein. Das Gesetz verbietet jegliche Repressalien und Vergeltungsmaßnahmen gegenüber Hinweisgebern. Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern müssen eine interne Meldestelle einrichten und betreiben, die Meldung über Missstände vertraulich entgegennimmt und Folgemaßnahmen entwickelt. Diese interne Meldestelle muss mit fachkundigem und unabhängigen Personal besetzt sein. Unter anderem muss -gegebenenfalls in anonymer Kommunikation- binnen 7 Tagen der Eingang der Meldung bestätigt und binnen 3 Monaten die entwickelten Folgemaßnahmen kommuniziert werden.

Obwohl sich der Gesetzesentwurf derzeit im Vermittlungsausschuss befindet, ist mit einer zeitnahen Verabschiedung zu rechnen, da die Europäische Union bereits ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet hat.

Was gilt es zu vermeiden?

Die Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen stellt Unternehmen vor eine Vielzahl von Herausforderungen:

    • Wie können wir die interne Hinweisstelle fachlich kompetent und unabhängig besetzen?
    • Wie lösen wir Personalengpässe und schützen uns vor Interessenkollision?
    • Wie können wir eine datenschutzrechtlich unbedenkliche anonyme Kommunikation ermöglichen?
    • Wie schützen wir unser Unternehmen vor Bußgeldern und Reputationsverlust?

Im Falle der Nichteinhaltung der gesetzlichen Anforderungen sieht das Gesetz Sanktionen gegen vor. Verstöße sollen als Ordnungswidrigkeiten nach § 30 OWiG mit einer Geldbuße geahndet werden. Ferner drohen Schadensersatzforderungen und Reputationsverluste.

Was sollten Unternehmen beachten?

1.) Nicht zu lange auf Inkrafttreten des Gesetzes warten

Die Unternehmen sollten sich unverzüglich um die Einrichtung professioneller Strukturen kümmern, um die Meldung über interne Meldekanäle zu fördern. Die Praxis zeigt, dass ein Hinweisgebersystem insbesondere dann erfolgreich ist, wenn es in eine vertrauensvolle und transparente Unternehmenskultur eingebettet ist.

2.) Information und Kommunikation sind das A und O

Je besser die Kanäle wie z. B. ein internes Hinweisgebersystem kommuniziert werden und auf der Website oder im Intranet aufzufinden sind, desto mehr Mitarbeiter haben davon Kenntnis und können bei Bedarf darauf zurückgreifen. Alle relevanten Informationen über das Gesetz müssen demnach für Mitarbeiter leicht verständlich zugänglich sein. Andernfalls droht die Gefahr, dass der Hinweisgeber seine Meldung nach außen über eine externe Hinweisstelle, die Staatsanwaltschaft oder die Presse abgibt.

3.) Best Practice: Digitale Hinweisgebersysteme

Der professionelle Einsatz von digitalen Hinweisgebersystemen in Unternehmen kann viele Verbrechen und Skandale verhindern oder aufklären. Positiv ist, dass immer mehr Organisationen ein Hinweisgebersystem zur Meldeabgabe einführen. Vor dem Hintergrund des neuen Gesetzes wird sich diese Entwicklung noch weiter fortsetzen. Ist ein Hinweisgebersystem bereits vorhanden, sollten Unternehmen dieses auf die Vorgaben der Richtlinie bzw. des HinSchG anpassen, damit sie Dokumentations- und Informationspflichten nachkommen und somit Rechtsunsicherheiten vermeiden.

4.) Effektiver Whistleblowerschutz auch für KMU möglich ohne hohe Kosten

Auch für mittelständische und kleine Firmen gibt es bereits kostengünstige Lösungen. Eine Auslagerung auf einen anwaltlichen Ombudsmann kann zum Beispiel die geforderte fachliche Kompetenz und Unabhängigkeit sowie Vertraulichkeit gewährleisten.

Gerne unterstützen wir Sie bei der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben in Ihrem Unternehmen.

A. Dominik Brückel Profil bild
AWADO Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Dr. A. Dominik Brückel

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

Arbeitnehmerüberlassungen sind aus der Land- und Forstwirtschaft nicht mehr wegzudenken. Landwirtschaftliche Betriebe können sich nicht mehr nur auf die eigenen Kommunikationswege verlassen, um die Arbeit zu schaffen. Sie müssen neue Wege gehen, um Arbeitskräfte zu finden.

Eine Option ist die Arbeitnehmerüberlassung. Der Steuerexperte Christoph Waldmann erläutert die steuerlichen Details rund um dieses Modell.

Erstmals erschienen in der Bauernzeitung, Ausgabe 12/23. Den kompletten Fachbeitrag finden Sie hier zum Download.

Terminerinnerung für bevorstehende Veranstaltungen:

20.06.23 - Digitaler Verbandstag - Weitere Details folgen

08.11.23 - Eröffnung der Winterschulungen - Weitere Details folgen

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