46 | GENiAL | 1-2017
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mmer mehr Menschen vernetzen sich auf Facebook, Instagram, Twitter und Co.
Doch sie haben wenig Kontrolle über die sozialen Medien und die Daten, die sie
dort hinterlassen. Die größten Plattformen werden betrieben von börsennotierten,
internationalen Großunternehmen. Für diese stehen meist die Interessen der Wer-
bekunden im Vordergrund.
Darüber kann man lange klagen – oder man kann aktiv werden: Eine Gruppe von
Twitter-Nutzern reichte bei der Hauptversammlung des US-Unternehmens im Mai einen
Antrag ein, um zu prüfen, ob Twitter in eine Genossenschaft umgewandelt werden kann.
Sie machten damit auf eine wichtige Tatsache aufmerksam: Die Rechtsform der Ge-
nossenschaft liegt dem Grundgedanken der sozialen Medien viel näher als die börsenno-
tierte AG. Genossenschaften sind demokratisch kontrolliert, und sie haben das Ziel, den
Mitgliedernutzen – und nicht etwa die Gewinne – zu maximieren.
Der Antrag für die „Twitter eG“ wurde im Mai zwar abgelehnt. Doch eine „Social
Media eG“ ist auch anders denkbar – zum Beispiel mit dem neuen sozialen Netz-
werk Mastodon. Gestartet vom 24-jährigen Eugen Rochko aus Jena, basiert es auf
Open-Source-Software, die die Teilnehmer selbst auf Webservern installieren und
betreiben können. Die kleinsten der Mastodon-Server („Instanzen“) haben nur
einen Teilnehmer, die größten 100.000 und mehr. Da die Server untereinander
vernetzt sind, können die weltweit rund 800.000 Mastodon-Teilnehmer auch
unabhängig von ihrer jeweiligen „Instanz“ miteinander kommunizieren.
In den USA gibt es bereits ein Projekt zum genossenschaftlichen
Betrieb einer Mastodon-Instanz. Ähnliches wäre auch in Deutschland
vorstellbar. Solide Genossenschaften könnten sicherstellen, dass
Mastodon-Server auf Dauer zuverlässig und professionell betrieben
werden. Die „Social Media eG“ muss keine Utopie bleiben.
Die
„Twitter eG“
– nur eine
Utopie?
AUS DER REIHE
Foto: Mastodon Social Logo