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1-2017 | GENiAL | 11

AUS DEM VERBAND

Fotoquelle: Andreas Bender

G

erade hat die UNESCO die

„Idee und Praxis der Genos-

senschaft“ im die Liste des

immateriellen Weltkulturer-

bes aufgenommen, da droht diesem Erbe

Ungemach durch eine Diskussion, die nur

als Ablenkung von politischer Handlungs-

unfähigkeit bewertet werden kann.

Die politische Diskussion um eine

Änderung

der

genossenschaftlichen

Milchlieferbedingungen, flankiert durch

das Bundeskartellamt, hilft weder den

Milchbauern noch der Milchwirtschaft. Sie

geht am Kern der Misere am Milchmarkt

vorbei. Weltmarkpreise entstehen nicht

durch Milchlieferbedingungen in Genos-

senschaften.

Die Diskussion stellt ohne Not be-

währte genossenschaftliche Grundprin-

zipien in Frage, die es vielen Landwirten

erst möglich machen, am Markt teilzu-

haben. Dies gilt im Übrigen nicht nur für

Milchbauern, sondern auch für Obst- und

Gemüseproduzenten, Winzer und Fischer,

die ihre Produkte gemeinsam in Genos-

senschaften vermarkten.

Bisher haben die Landwirte als Eigen-

tümer noch keiner genossenschaftlichen

Molkerei grundlegende Veränderungen

der Milchlieferbedingungen beschlossen,

obwohl dies in zahlreichen Mitgliederver-

sammlungen intensiv erörtert wurde. Die

grundsätzlich breite Akzeptanz der genos-

senschaftlichen Lieferbeziehungen bestätigt

auch die von Professor Dr. Sebastian Hess

(Universität Kiel) im Februar vorgestellte

Umfrage unter deutschen Milchbauern.

Die Ergebnisse zeigen zwar auch Un-

terschiede zwischen großen und kleinen

Milcherzeugerbetrieben. Viele Genossen-

schaften haben hier allerdings auch re-

agiert und sind dabei, flexible Lösungen

zu entwickeln, die auch verschiedene

Interessen ihrer Mitglieder berücksichti-

gen. Änderungen an den bestehenden

Rahmenbedingungen sind nicht nur nicht

erforderlich, sondern schädlich.

Die aktuelle Diskussion – die vor allem

von Dritten geführt wird – trägt hierbei der

Selbstbestimmung der Genossenschaften

durch demokratische Entscheidungsfin-

dung – als deren Markenkern – in keiner

Weise Rechnung.

Was die genossenschaftliche Lieferbe-

ziehung auszeichnet, das wissen häufig

selbst diejenigen nicht, die behaupten,

von der Materie Ahnung zu haben! Sie

bietet vor allem eines: Stabilität und Si-

cherheit. Dabei sind genossenschaftliche

Annahmegarantie und Abgabepflicht im-

mer zwei Seiten einer Medaille. Gerade

in Zeiten schwankender Märkte können

sich die Erzeuger darauf verlassen, dass

ihre Milch abgenommen wird. Gleich-

zeitig können sich die Molkereien darauf

verlassen, dass sie Milch angeboten be-

kommen. Stabilität wird somit auf beiden

Seiten gewährleistet: beim Erzeuger als

Mitglied und bei seiner Molkereigenos-

senschaft.

Es gilt also vor allem, den selbstbe-

stimmten Weg der Genossenschaften als

Erzeugerzusammenschlüsse weiter zu

fördern und zu unterstützen und deren

Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Die

Landwirte bestimmen in Genossenschaf-

ten selbst über ihre Milchlieferbedingun-

gen – und das ist gut so!

Genossenschaften: Ein offenesWort!

Milchlieferbedingungen sind kein

Selbstzweck

René Rothe,

Vorstand des

Genossenschaftsverbandes –

Verband der Regionen, ist für die

Prüfung, Beratung und Betreuung

der Landwirtschaftlichen und

Gewerblichen Genossenschaften

verantwortlich.

„Die politische Diskus-

sion um eineÄnderung

der genossenschaftlichen

Milchlieferbedingungen,

flankiert durch das

Bundeskartellamt, hilft

weder den Milchbauern

noch der Milchwirtschaft.

Sie geht am Kern der

Misere am Milchmarkt

vorbei.“