GENiAL 3-2018

26 | GENiAL | 3-2018 A uf diesem Hof gedeiht Ge- schichtsträchtiges und das in mehrfacher Hinsicht. Mitten in Liebertwolkwitz, einem vor Jahren nach Leipzig eingemeindeten Dorf, erwächst heute ein – zuvor dem Verfall und Abriss preisgegebenes – Grundstück zu neuer alter Blüte. 2.000 Quadratmeter misst das Stiftsgut, das die Hofgenossen- schaft Liebertwolkwitz nicht nur vor dem endgültigen Aus bewahrt hat. Mehr noch: Seit April 2012 wird der ursprüngliche Vier- seitenhof mit viel Liebe zum Detail zu ei- nem Historischen Gewerkehof entwickelt und ausgebaut. „Als Erbpächter haben wir den Hof von der Stadt Leipzig übernommen und seither fehlende Gebäudeteile ersetzt, au- thentische Handwerkerstätten und auch eine Fachwerkscheune errichtet“, erzählt Dr. Lutz Zerling, geschäftsführender Vor- stand der Hofgenossenschaft. Vor acht Jahren hat er diese mit engagierten Mit- streitern gegründet. „Wir sind eine kleine Genossenschaft, die besonders stark auf den Gemeinnützigkeitsgedanken in un- Hof (er)halten anno 1813 serem Dorf ausgerichtet ist“, so der Vor- stand. Für den Erhalt und Ausbau des Ho- fes setzen sich mittlerweile 50 Mitglieder ein – ihr Ziel ist ebenso die „touristische Vermarktung des Lebens um 1800“. Dorfleben zur Zeit der Völkerschlacht bei Leipzig Alle Mitglieder der Hofgenossenschaft vereint neben der tiefen Verwurzelung mit dem Ort und seiner Geschichte noch ein weiteres, identitätsstiftendes Gemein- schaftsprojekt: „Liebertwolkwitz – ein Dorf im Jahre 1813“ zeigt als Historien- darstellung seit nunmehr einem Jahrzehnt anschaulich das Dorfleben zur Zeit der Völkerschlacht bei Leipzig auf. Herzstück und Heimstatt der Veranstaltung ist das Stiftsgut der Hofgenossenschaft. „So wie unsere Vorfahren damals auch die Solda- ten bewirteten, sind wir die zivile Seite, die dann für die Einquartierung und Ver- pflegung der militärhistorischen Vereine sorgt“, berichtet Lutz Zerling. Ob Franzo- sen, Russen, Preußen oder Österreicher: Alljährlich im Oktober reisen um die 600 Militärdarsteller aus ganz Europa an, um die Völkerschlacht und Napoleons Nieder- lage nachzustellen, um die Erinnerungen wachzuhalten und die Ereignisse verste- hen. Das geschieht auf dem Flächendenk- mal „Südliches Schlachtfeld“, sozusagen vor den Toren des Dorfes. In Liebertwolkwitz selbst geht es we- niger militärisch zu. Im Stiftsgut, rund um den historischen Marktplatz und in neun angrenzenden Gehöften dreht sich vom 19. bis 21. Oktober alles um das haut- nahe Erleben des einstigen Dorfalltags. Dafür mobilisiert die Genossenschaft etli- che Helfer aus Liebertwolkwitz – vor und hinter den Kulissen. Es wird gedroschen, geschmiedet, geflochten, gesungen, ge- bunden – und da werden selbstverständ- lich auch deftige Speisen serviert. Das kommt hervorragend an. Vor allem junge Familien aus der Stadt zieht es ins histo- rische Dorf. Für den Nachwuchs werden Märchenlesen auf dem Getreideboden oder etwa auch historischen Kinderspiele auf dem Marktplatz zur unterhaltsamen In historischem Gewand: Die Ortsgeschichte spielt in der Hofgenossenschaft Stiftsgut Liebertwolkwitz eG unweit von Leipzig eine Hauptrolle.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=