GENiAL 2-2018

36 | GENiAL | 2-2018 W älder sind wahre Wohl- täter, ob für Menschen, Tiere, Pflanzen oder die Umwelt allgemein. In Remscheid haben engagierte Bürger den Spieß vor fünf Jahren umgedreht. Mit der Gründung der Waldgenossenschaft eG erweisen sie der grünen Lunge im Bergi- schen Land langfristig eine Wohltat. Denn die mittlerweile mehr als 200 Mitglieder kaufen sukzessive Kleinstparzellen an Wald auf, um sie zu schützen und nach- haltig zu nutzen. Das Modell macht Schu- le, zahlreiche Regionen interessieren sich für das vorbildhafte Projekt. Eine Entschei- dung des Bundeskartellamtes könnte der genossenschaftlichen Waldidee künftig zu weiterem Wachstum verhelfen. Um das Heute zu verstehen, bedarf es manchmal einer Reise in die Vergangen- heit. Das ist auch bei der Waldgenossen- schaft in Remscheid der Fall. Denn ihre Vorgeschichte reicht bis in die Zeit kurz nach dem Zweiten Weltkrieg zurück. Da- mals wurden die privaten Wälder massiv zerstört, es herrschte extreme Brennholz- not. Darauf haben vorausdenkende Stadt- väter reagiert, 1947 den Forstbetriebs- verband Remscheid gegründet und die privaten Waldflächen mithilfe städtischer Förster geordnet wieder aufgeforstet. Noch heute ist der Forstbetriebsverband mit seinen 680 Mitgliedern das organisa- torische Dach aller privaten Waldbesitzer. Erste Bürgerwaldgenossenschaft Deutschlands Doch im Laufe der Jahrzehnte wurden diese aufgrund der im Rheinland üblichen Realteilungserbfolge (alle erben zu glei- chen Teilen) immer zahlreicher, der Wald wiederum immer kleinteiliger und zerstü- ckelter. „Viele Erben wohnen zudem nicht mehr in Remscheid, andere wiederum sind zeitlich und fachlich nicht in der Lage, sich angemessen um ihren Waldbesitz zu kümmern“, erklärt Markus Wolff. 2011 hat der städtische Forstdirektor gemeinsam mit ein paar engagierten Mitstreitern die Idee zur Gründung einer Waldgenossen- schaft maßgeblich vorangetrieben. Denn neben der immer stärker werdenden Par- zellierung bot sich ihnen in der direkten Nachbarschaft in Radevormwald zudem ein mahnendes Beispiel: Hier kauften „findige“ Investoren nach und nach klei- ne private Waldstücke auf, holzten sie ab und machten schnellen Profit. „Mit diesen Plünderungen hinterließen sie nichts als verbrannte Erde“, sagt Markus Wolff. Auf der Suche nach dem passenden Konstrukt landeten die engagierten Rem- scheider Wald-Liebhaber unter anderem bei den im Siegerland weitverbreiteten „Haubergsgenossenschaften“. „Die Nach- teile dabei waren jedoch, dass die Größe des Waldes genau definiert ist und die Anteile nach bestimmten Regeln zu verer- ben sind“, erklärt Markus Wolff. Schließlich entschieden sie sich für die Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft. „Wir wollten einen forstlichen Urknall entwi- ckeln und dafür sorgen, dass nicht nur die Waldfläche, sondern auch die Mitglieder- zahl kontinuierlich wächst“, so der 51-Jäh- rige. Zudem sollte das Modell eine starke Bürgerbeteiligung und -teilhabe ermög- lichen. All diese Ziele vereint die Rechts- form einer eG in perfektem Maße. Nach fast zweijährigem Planungsvor- lauf war es am 14. März 2013 dann so weit: Zehn Gründungsmitglieder und 30 weitere Unterstützer hoben bei der Stadt- sparkasse Remscheid die „Waldgenos- senschaft Remscheid eG“ aus der Taufe. Das Erfolgsrezept dieser ersten und bis heute einzigen Bürgerwaldgenossen- schaft in der Rechtsform einer eingetrage- nen Genossenschaft war unter anderem die interdisziplinäre Zusammenarbeit aller Wegbereiter. „Nicht nur Förster wie ich, die sich auch tagsüber mit der Materie beschäftigen können, sondern auch fach- fremde Ingenieure, Banker, Anwälte oder Notare brachten sich und ihr Know-how intensiv ein“, so Markus Wolff. Ihr Ziel war und ist das gleiche: echte Partizipa- tion und Information sowie das Werben Die einzigartige und vielbeachtete Waldgenossenschaft in Remscheid wächst und treibt auch andernorts Blüten. GenosseWald Fotos: Nöh/Technische Betriebe Remscheid

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