Politische Positionen

Neuer Koalitionsvertrag bietet Chancen für Genossenschaften

  • 25.11.2021
  • Schwerpunkt

Neu-Isenburg. Die politischen Leitlinien für die kommenden Jahre bieten Spielraum für mehr kooperatives Wirtschaften in Deutschland. Denn im Koalitionsvertrag unterstreicht die Ampel-Koalition mit ihren Vorhaben die Vorzüge von Genossenschaften als Kreditinstitute mit risikoarmem Geschäftsmodell, als Erzeuger erneuerbarer Energien und als Sozialunternehmen. Auch für die Genossenschaften in Landwirtschaft, Handel und Handwerk enthält der Koalitionsvertrag interessante Ansatzpunkte, so das Fazit des Genossenschaftsverbands – Verband der Regionen e. V. nach einer Ad hoc-Analyse des Entwurfs.

Genossenschaftsbanken

„Die neue Bundesregierung würdigt im Koalitionsvertrag richtigerweise die wichtige Rolle regionaler Banken als Finanzierungspartner und ihr risikoarmes Geschäftsmodell“, sagt Ingmar Rega, Vorstandsvorsitzender des Genossenschaftsverbands. Konkrete Aspekte wie der Abbau von Wettbewerbsnachteilen für kleinere Banken, Proportionalität bei Bankenaufsicht und -regulierung sowie der Erhalt der Institutssicherung von Sparkassen und Volksbanken ohne Zusatzbelastungen geben einen Fingerzeig in die richtige Richtung. „Es sind Formulierungen dabei, die erst einmal Unterstützung in zentralen Fragen der Bankenregulierung signalisieren. Vieles davon wird aber in Europa und nicht im Bund entschieden. Wir sind daher auf die konkrete Umsetzung gespannt“, so Rega weiter.

Landwirtschaft

Ein zentrales Anliegen der Ampelkoalitionäre sind höhere Tierschutzstandards. Dazu sollen Landwirt*innen beim Umbau der Tierhaltung begleitet und zielgerichtet unterstützt werden. „Hier braucht es einen praktikablen Weg und Planungssicherheit, damit sich auch alle tierhaltenden Betriebe angesprochen fühlen und eine realistische Chance erhalten, sich entsprechend neuer Vorgaben weiterentwickeln und zukunftsfest aufstellen zu können“, sagt Rega. Weitere relevante Themen für die Genossenschaften sind die genannten Vorhaben in den Bereichen Bodenpolitik, Gemeinsame Agrarpolitik, Pflanzenschutz oder Kartellrecht. „Die Debatten auf diesen Feldern sind nicht neu und werden uns in der Legislaturperiode sicherlich intensiv begleiten. Ganz wichtig ist es, die Landwirt*innen nicht zusätzlich zu belasten und sie von Beginn an in den Prozess einzubinden“, unterstreicht Rega.

Ländlicher Raum

‚Entscheidungsfreiheit vor Ort, eine verlässliche öffentliche Daseinsvorsorge, eine starke Wirtschaft und eine engagierte Zivilgesellschaft‘ sind wichtige und richtige Vorhaben der neuen Bundesregierung. „Der Erhalt ländlicher Räume ist eine der zentralen Herausforderungen unserer Zeit. Hier spielen Genossenschaften unter anderem in der Agrar- und Landwirtschaft eine wichtige Rolle. Sie sind Arbeitgeber vor Ort, stärken regionale Wertschöpfungsketten und engagieren sich vielfach gesellschaftlich. Hinzukommen auch neue Genossenschaftsmodelle, etwa Coworking-Arbeitsplätze oder genossenschaftlich betriebene Ärztehäuser, die Strukturen nicht nur erhalten, sondern auch schaffen“, so der Vorstandsvorsitzende. Genossenschaften leisten einen wertvollen Beitrag für gleichwertige Lebensverhältnisse und lebenswerte ländliche Räume. „Bei einer geplanten Anpassung der Förderkulisse müssen Genossenschaften besser förderfähig sein, um ihr Potenzial für den ländlichen Raum noch stärker zu nutzen.“

Bürgerenergie

Die Ampelkoalition will die Energiewende beschleunigen und verwendet daher deutliche Worte: ‚Wir machen es zu unserer gemeinsamen Mission, den Ausbau der Erneuerbaren Energien drastisch zu beschleunigen und alle Hürden und Hemmnisse aus dem Weg zu räumen. (…) Wir stärken die Bürger-Energie als wichtiges Element für mehr Akzeptanz‘. Das sind Sätze, die den Genossenschaftsverband und auch die Mitglieds-Energiegenossenschaften freuen, so das Fazit des Verbandes. „Mit den Vorhaben der Bundesregierung wird das wichtigste Betätigungsfeld von Energiegenossenschaften, Solaranlagen kleiner als 750 kW zu errichten und zu betreiben, wiederbelebt“, sagt Rega. „Die Akzeptanz vor Ort wird der entscheidende Faktor bei der Umsetzung der Energiewende sein. Der Bürger-Energie kommt hier eine Schlüsselrolle zu.“ Weitere wichtige Impulse sind das im Vertrag genannte Energy Sharing (d. h. die genossenschaftliche Mitgliederversorgung), ein Anheben der Ausschreibungsgrenzen und fairer Wettbewerb für Bürger-Energie in Ausschreibungen.

Sozialgenossenschaften

Eine nationale Strategie für Sozialunternehmen hat sich die Ampelkoalition vorgenommen. Zu denen zählt die neue Bundesregierung auch Genossenschaften. „Das ist absolut richtig. Das Genossenschaftsgesetz sieht soziale Förderzwecke bei Genossenschaften schon lange vor. Es gibt viele erfolgreiche Genossenschaften zum Beispiel in der Kinderbetreuung oder Pflege. Bessere rechtliche Rahmenbedingungen, wie sie der Koalitionsvertrag vorsieht, unterstützen wir selbstverständlich“, stellt Ingmar Rega fest.

Mitarbeiterbeteiligung und Unternehmensnachfolge

Als regionale Unternehmen profitieren Genossenschaften von zukunftsorientierten Rahmenbedingungen für einen wettbewerbsfähigen Mittelstand, starkem Handwerk und für freie Berufe, wie es die Koalition vorsieht. „Wichtig ist, dass die Bundesregierung diese Versprechen schnell mit konkreten Maßnahmen umsetzt“, sagt Rega.

Zwei wichtige Maßnahmen sind die angekündigte Verbesserung von Mitarbeiter*innenbeteiligung und Unternehmensnachfolge: Höhere steuerliche Freibeträge erleichtern die Beteiligung von Mitarbeiter*innen an Unternehmen. Und bessere Bedingungen sorgen auch dafür, dass Kreativität, Wille und Attraktivität bei der Unternehmensnachfolge steigen. „Partizipative Unternehmensformen wie die Genossenschaften werden hier sicherlich stärker nachgefragt werden, wenn die Programme die Rechtsform auch berücksichtigen. Das war in der Vergangenheit bei Förderprogrammen oft nicht der Fall.“

Der Genossenschaftsverband – Verband der Regionen e.V. vertritt die Interessen von rund 2.600 Mitgliedsunternehmen in 14 Bundesländern, die zusammen rund acht Millionen Mitglieder haben. Zudem ist er für seine Mitgliedsgenossenschaften Prüfungs- und Beratungsverband sowie Bildungsträger. Als moderner Dienstleister betreut der Verband Unternehmen aus den Bereichen Kreditwirtschaft, Landwirtschaft, Handel, Gewerbe und Dienstleistungen sowie Energie, Versorgung und Immobilien. Der Genossenschaftsverband hat Verwaltungssitze in Neu-Isenburg, Düsseldorf und Hannover. Dazu kommen die Standorte in Baunatal, Berlin, Forsbach, Leipzig, Münster, Rendsburg und Schwerin.

Sprechen Sie hierzu gerne an:

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Pressesprecher Verband

Daniel Illerhaus

Abteilungsleiter Kommunikation, Marketing, Politik

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