Transformation ist die große wirtschaftspolitische Herausforderung der kommenden Legislaturperiode. Was ist aus Ihrer Sicht notwendig und welche Maßnahmen planen Sie, um die mittelständischen Unternehmen und Banken bei dieser Aufgabe zu unterstützen?
Hendrik Wüst (CDU)
Mit 730.000 mittelständischen, oft familiengeführten Betrieben bildet der Mittelstand das Rückgrat der nordrhein-westfälischen Wirtschaft. Im Mittelstand werden Flexibilität und Innovation gelebt und gute Arbeitsplätze – oft über Generationen hinweg – erhalten. Diese starken Akteure sichern gemeinsam Arbeit, Wohlstand und soziale Sicherheit in unserem Land. Daher haben wir den Mittelstand in den letzten fünf Jahren von überbordender Bürokratie entlastet und die Wirtschafts- und Mittelstandsförderung mehr als verdoppelt. Damit den mittelständischen Unternehmen zukünftig die Transformation gelingt, muss die Wettbewerbsfähigkeit gesichert sowie die Planungs- und Investitionssicherheit ausgebaut werden. Denn der Mut zur unternehmerischen Investition in Innovation und Expansion muss unterstützt und nicht überreglementiert werden. Wir werden Bürokratie weiter abbauen und geben das Ziel aus: „One in – two out“, d. h. wir werden bei neuen Regelungen zwei bestehende auslaufen lassen.
Thomas Kutschaty (SPD)
Die sozial-ökologische Transformation wird uns nicht nur eine Legislaturperiode lang, sondern die nächsten Jahrzehnte begleiten. Allerdings ist es nötig – dazu ist die SPD entschlossen – jetzt die richtigen Weichen zu stellen. Mithilfe diverser Ansätze zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, auch in Zusammenarbeit mit dem Bund, werden wir den Ausbau der erneuerbaren Energien im Land maximal beschleunigen. Wir schaffen die pauschale 1000-Meter-Abstandsregeln bei Windkraftanlagen ab und erhöhen so das Flächenpotenzial um 52 Prozent. Wir bringen PV-Anlagen auf alle Dächer, auf denen dies geht: über eine Solarpflicht für gewerbliche Neu- und Umbauten sowie eine Förderung für die privaten Gebäude. Durch eine Ausweitung auf das ganze Land bringen wir mit dem Projekt Innovation Cities NRW 1000 Quartiere binnen zehn Jahren bei Energieffizienz und erneuerbaren Energien auf Vordermann und bringen damit Klimaschutz und Wirtschaftswachstum zusammen. Über einen Transformationsfonds in Höhe von 30 Mrd. Euro, der überwiegend privates Kapital (Green Bonds) nutzt, werden wir Unternehmen stützen, welche die Transformation hin zur Wasserstoffnutzung und zu zirkulären Ansätzen nicht alleine stemmen können.
Mona Neubaur (Bündnis90/Die Grünen)
Wir haben nach unserer Auffassung derzeit multiple Transformationen, die für die Wirtschaft in NRW herausfordernd sind. Der Schritt in Richtung einer klimaneutralen Wirtschaft ist zweifelsfrei der wichtigste, größte und herausforderndste, jedoch bergen auch die Digitalisierung und der demografische Wandel weiterhin große Umbrüche. Um international wettbewerbsfähig zu bleiben, ist das Erreichen von Klimaneutralität essenziell. Das Bewusstsein in der Wirtschaft NRWs wächst dazu stetig. Hierfür möchten wir ein sozialökologisches Investitionsprogramm mit einem Fokus auf Infrastruktur, Gesundheit und Sozialpolitik aufsetzen. Das derzeit größte Problem für weite Teile des Mittelstands sehen wir im anhaltenden Fachkräftemangel. Diesem möchten wir durch eine breit angelegte Qualifizierungsoffensive begegnen, der Inhalte der Ausbildungen und Ausbildungsbedingungen genauso wie Matchingprobleme betrachtet. Gleichzeitig sehen wir große Hürden in der aktuellen Ausgestaltung der Planungs- und Genehmigungsverfahren. Sie sind oft ein Hindernis, welches wir uns genauer anschauen möchten, um sie schneller und effizienter zu machen, wo möglich auch in Teilen zu automatisieren.
Dr. Joachim Stamp (FDP)
Die Transformation gelingt nur mit besten Standortvoraussetzungen. Hierfür setzen wir auf gezielte Initiativen und Maßnahmen wie den Abbau überflüssiger bürokratischer Vorgaben und beschleunigte Genehmigungs- und Planungsverfahren. Darüber hinaus wollen wir die Voraussetzungen für ein verbessertes Fachkräfteangebot, insbesondere durch gezielte Einwanderung, und eine verlässliche und wettbewerbsfähige Energieversorgung schaffen. Auf dem Weg zu einer klimaneutralen Wirtschaft werden wir unsere Unternehmen dabei unterstützen, zukunftsträchtige Technologien, Produkte und Anwendungen marktreif zu entwickeln, die gleichzeitig den Klimaschutz voranbringen und neue Absatzmärkte schaffen. Dafür werden wir die passenden Beratungs- und Förderstrukturen ausbauen. Die 2020 ins Leben gerufene Finanzplatzinitiative Fin.Connect.NRW bringt Betriebe, Kreditwirtschaft, Versicherungen und andere Investoren zusammen, um Impulse zu setzen, Projekte anzustoßen und Chancenkapital zu mobilisieren. Damit die Transformationsfinanzierung gelingt, wollen wir diese Initiative weiter stärken.