Politische Positionen

Landtagswahl Nordrhein-Westfalen 2022: Spitzenkandidat*innen zu genossenschaftlichen Themen

  • 02.05.2022
  • Politische Positionen
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Die Bürger*innen in Nordrhein-Westfalen wählen am 15. Mai 2022 einen neuen Landtag. Der Genossenschaftsverband - Verband der Regionen e.V. hat vier Spitzenkandidat*innen zu genossenschaftlichen Themen interviewt. Nachfolgend die Antworten auf unsere Wahlprüfsteine und die Statements von Thomas Kutschaty (SPD), Hendrik Wüst (CDU), Mona Neubaur (Bündnis 90/Die Grünen) und Dr. Joachim Stamp (FDP).



VIDEOSTATEMENT

1) Eine aktuelle Studie zeigt: Gut 70% der Menschen in NRW finden, dass Genossenschaften einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft leisten. Eine Mehrheit möchte sich in Genossenschaften engagieren. Welche drei konkreten Maßnahmen könnten Sie sich zur Förderung von Genossenschaften vorstellen?


Genossenschaften stemmen Projekte, die allein nicht zu stemmen sind. Sie sichern gemeinschaftlich wirtschaftliches Potential und verhindern, dass die Wirtschaftslandschaft zu kleingliedrig wird.

Deshalb wollen wir die bürokratischen Hürden, wie bspw. Dokumentationspflichten, für Genossenschaften senken, die Teilnahme am Wettbewerb vereinfachen und dafür sorgen, dass den Genossenschaften ausreichend gut ausgebildete und flexibel einsetzbare Facharbeitskräfte zur Verfügung stehen.

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Wir Freie Demokraten unterstützen nachdrücklich den Genossenschaftsgedanken. Es ist gerade dieser Verbund, der kleinen Unternehmen die Möglichkeit bietet, am Markt tätig zu werden. Das fördert den Wettbewerb und die Vielfalt. Unsere Aufgabe als Politik ist es, dafür die richtigen Rahmenbedingungen zu setzen, also beispielsweise Wettbewerbseinschränkungen und den Missbrauch von Marktmacht zu verhindern. Nur so haben genossenschaftliche Unternehmen die Möglichkeit, sich mit ihren Geschäftsmodellen am Markt zu entfalten. Die Genossenschaften spielen gerade in der Wohnungspolitik eine wichtige Rolle. Sie leisten dort einen wertvollen Beitrag im Land, insbesondere bei öffentlich geförderten Wohnungen.

Wir Freie Demokraten wollen die Förderung des Wohnungsbaus zielgenauer machen. Wir wollen alle Hürden identifizieren und beseitigen, damit auch alle Fördermittel wirklich für neue Wohnungen genutzt werden. Wir wollen außerdem die Anreize für weitere Investitionen in den sozialen Wohnungsbau verbessern, beispielsweise durch Pensionsfonds. Vor uns liegen große Herausforderungen, gerade was das Thema bezahlbares Wohnen angeht. Ich bin sicher: Gemeinsam können wir diese Herausforderungen bewältigen. Für Ihr Engagement und Ihren Einsatz danke ich Ihnen ganz herzlich!

Transformation ist die große wirtschaftspolitische Herausforderung der kommenden Legislaturperiode. Was ist aus Ihrer Sicht notwendig und welche Maßnahmen planen Sie, um die mittelständischen Unternehmen und Banken bei dieser Aufgabe zu unterstützen?

Hendrik Wüst (CDU)

Mit 730.000 mittelständischen, oft familiengeführten Betrieben bildet der Mittelstand das Rückgrat der nordrhein-westfälischen Wirtschaft. Im Mittelstand werden Flexibilität und Innovation gelebt und gute Arbeitsplätze – oft über Generationen hinweg – erhalten. Diese starken Akteure sichern gemeinsam Arbeit, Wohlstand und soziale Sicherheit in unserem Land. Daher haben wir den Mittelstand in den letzten fünf Jahren von überbordender Bürokratie entlastet und die Wirtschafts- und Mittelstandsförderung mehr als verdoppelt. Damit den mittelständischen Unternehmen zukünftig die Transformation gelingt, muss die Wettbewerbsfähigkeit gesichert sowie die Planungs- und Investitionssicherheit ausgebaut werden. Denn der Mut zur unternehmerischen Investition in Innovation und Expansion muss unterstützt und nicht überreglementiert werden. Wir werden Bürokratie weiter abbauen und geben das Ziel aus: „One in – two out“, d. h. wir werden bei neuen Regelungen zwei bestehende auslaufen lassen.

Thomas Kutschaty (SPD)
Die sozial-ökologische Transformation wird uns nicht nur eine Legislaturperiode lang, sondern die nächsten Jahrzehnte begleiten. Allerdings ist es nötig – dazu ist die SPD entschlossen – jetzt die richtigen Weichen zu stellen. Mithilfe diverser Ansätze zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, auch in Zusammenarbeit mit dem Bund, werden wir den Ausbau der erneuerbaren Energien im Land maximal beschleunigen. Wir schaffen die pauschale 1000-Meter-Abstandsregeln bei Windkraftanlagen ab und erhöhen so das Flächenpotenzial um 52 Prozent. Wir bringen PV-Anlagen auf alle Dächer, auf denen dies geht: über eine Solarpflicht für gewerbliche Neu- und Umbauten sowie eine Förderung für die privaten Gebäude. Durch eine Ausweitung auf das ganze Land bringen wir mit dem Projekt Innovation Cities NRW 1000 Quartiere binnen zehn Jahren bei Energieffizienz und erneuerbaren Energien auf Vordermann und bringen damit Klimaschutz und Wirtschaftswachstum zusammen. Über einen Transformationsfonds in Höhe von 30 Mrd. Euro, der überwiegend privates Kapital (Green Bonds) nutzt, werden wir Unternehmen stützen, welche die Transformation hin zur Wasserstoffnutzung und zu zirkulären Ansätzen nicht alleine stemmen können.

Mona Neubaur (Bündnis90/Die Grünen)
Wir haben nach unserer Auffassung derzeit multiple Transformationen, die für die Wirtschaft in NRW herausfordernd sind. Der Schritt in Richtung einer klimaneutralen Wirtschaft ist zweifelsfrei der wichtigste, größte und herausforderndste, jedoch bergen auch die Digitalisierung und der demografische Wandel weiterhin große Umbrüche. Um international wettbewerbsfähig zu bleiben, ist das Erreichen von Klimaneutralität essenziell. Das Bewusstsein in der Wirtschaft NRWs wächst dazu stetig. Hierfür möchten wir ein sozialökologisches Investitionsprogramm mit einem Fokus auf Infrastruktur, Gesundheit und Sozialpolitik aufsetzen. Das derzeit größte Problem für weite Teile des Mittelstands sehen wir im anhaltenden Fachkräftemangel. Diesem möchten wir durch eine breit angelegte Qualifizierungsoffensive begegnen, der Inhalte der Ausbildungen und Ausbildungsbedingungen genauso wie Matchingprobleme betrachtet. Gleichzeitig sehen wir große Hürden in der aktuellen Ausgestaltung der Planungs- und Genehmigungsverfahren. Sie sind oft ein Hindernis, welches wir uns genauer anschauen möchten, um sie schneller und effizienter zu machen, wo möglich auch in Teilen zu automatisieren.

Dr. Joachim Stamp (FDP)
Die Transformation gelingt nur mit besten Standortvoraussetzungen. Hierfür setzen wir auf gezielte Initiativen und Maßnahmen wie den Abbau überflüssiger bürokratischer Vorgaben und beschleunigte Genehmigungs- und Planungsverfahren. Darüber hinaus wollen wir die Voraussetzungen für ein verbessertes Fachkräfteangebot, insbesondere durch gezielte Einwanderung, und eine verlässliche und wettbewerbsfähige Energieversorgung schaffen. Auf dem Weg zu einer klimaneutralen Wirtschaft werden wir unsere Unternehmen dabei unterstützen, zukunftsträchtige Technologien, Produkte und Anwendungen marktreif zu entwickeln, die gleichzeitig den Klimaschutz voranbringen und neue Absatzmärkte schaffen. Dafür werden wir die passenden Beratungs- und Förderstrukturen ausbauen. Die 2020 ins Leben gerufene Finanzplatzinitiative Fin.Connect.NRW bringt Betriebe, Kreditwirtschaft, Versicherungen und andere Investoren zusammen, um Impulse zu setzen, Projekte anzustoßen und Chancenkapital zu mobilisieren. Damit die Transformationsfinanzierung gelingt, wollen wir diese Initiative weiter stärken.

Die stark gestiegenen Preise stellen die Landwirtschaft in NRW aktuell vor große Herausforderungen. Wie werden Sie landwirtschaftliche Betriebe kurzfristig unterstützen und langfristig sicherstellen, dass sich junge Menschen auch zukünftig für diesen Berufszweig entscheiden?

Hendrik Wüst (CDU)

Unsere Landwirtinnen und Landwirte sorgen für gesunde, qualitativ hochwertige und bezahlbare Lebensmittel. Mit der praxisnahen Novellierung der Düngeverordnung und der Stärkung des Tierschutzes haben wir in den vergangenen Jahren den Weg zur Landwirtschaft der Zukunft geebnet. Um den aktuellen Preissteigerungen kurzfristig entgegenzuwirken, werden wir dafür sorgen, dass landwirtschaftliche Brachflächen zeitnah bewirtschaftet werden können und so mehr Nutzfläche für die Landwirtinnen und Landwirte zur Verfügung steht. In den kommenden Jahren werden wir den Beruf der Landwirtin und des Landwirts attraktiver gestalten. Dafür werden wir die Landwirtschaft weiter von Antrags- und Dokumentationspflichten entlasten, die doppelte Grunderwerbssteuer abschaffen und uns für einen fairen Wettbewerb innerhalb der EU einsetzen.

Thomas Kutschaty (SPD)

Die SPD setzt sich für verschiedene Maßnahmen zur Steigerung der Marktmacht landwirtschaftlicher Betriebe und für größere Anteile an den Wertschöpfungsketten ein. Dazu gehören u.a. eine größere Transparenz der Preisbildung in der Vorwärtsbetrachtung von Lieferketten, ein Verbot des Einkaufs unter Produktionskosten, die Förderung von Erzeugergemeinschaften und anderen genossenschaftlichen Zusammenschlüssen für größere Synergieeffekte bei Logistik und Vermarktung sowie größere Verhandlungsmacht – auch in Ausschöpfung des kartellrechtlichen Freiraums gegenüber dem konzentrieren LEH -, die Unterstützung bei der Vernetzung kürzerer Wertschöpfungsketten sowie beim Aufbau weiterer Verarbeitungsstufen auf den Höfen und der Direktvermarktung. Um junge Menschen für die Landwirtschaft zu begeistern, braucht es einen engeren Kontakt zu Verbraucherinnen und Verbrauch, den wir über Direktvermarktung, praktische Ernährungsbildung in Schulen und Kitas sowie die Gemeinschaftsverpflegung herstellen wollen. Es braucht eine stärkere Anerkennung der Wertigkeit von Lebensmitteln, aber auch der landwirtschaftlichen Berufe. Vor allem braucht es tragfähige wirtschaftliche Rahmenbedingungen in der Landwirtschaft – von einer Regulierung des Bodenmarkts bis zu fairen Preisen. Dann wird die Zukunftsentscheidung zur Hofübernahme in der Regel positiver ausfallen.

Mona Neubaur (Bündnis90/Die Grünen)

Der Prozess der Herstellung und Vermarktung von Lebensmitteln ist mit hohen sozialen und ökologischen Kosten verbunden. Die aktuelle Situation verdeutlicht, dass wir eine sozial-ökologische Neuorientierung vom Feld bis zum Teller brauchen. In den vergangenen Jahren waren die Preise für landwirtschaftliche Produkte überwiegend so niedrig, dass viele Betriebe aufgeben mussten. Ziel grüner Politik ist es aber, den Strukturwandel zu verlangsamen und eine stabile bäuerliche Landwirtschaft in NRW zu erhalten. Dafür sind kostendeckende Preise eine unabdingbare Voraussetzung. Vor diesem Hintergrund war die Ausrichtung auf den volatilen Weltmarkt eine krasse Fehlentscheidung. Wir Grüne setzen auf eine Stärkung der bäuerlichen und ökologischen orientierten Landwirtschaft, damit auch junge Menschen hier in NRW eine Perspektive zur Ausübung dieses Berufszweigs haben. Dafür braucht es ein nachhaltiges Ernährungssystem, das sich durch regionale Verarbeitungs- und Vermarktungsstrukturen auszeichnet. So können wir die regionale Landwirtschaft fördern, unser Klima und unsere Umwelt schützen und gleichzeitig eine gesunde Verpflegung für uns und unsere Kinder sicherstellen.

Dr. Joachim Stamp (FDP)
Junge Landwirtinnen und Landwirte tragen als Gründerinnen und Gründer zum Wohlstand unserer Gesellschaft bei, sorgen mit ihren Betrieben für Ernährungssicherheit und pflegen Kultur und Landschaft. Daher ist es Aufgabe der Politik, gerade jungen Landwirtinnen und Landwirten bei Ihrer wichtigen Aufgabe zur Seite zu stehen, indem wir sie bei der Übernahme und eventuellen Neuausrichtung ihrer Betriebe unterstützen. Gerade im Bereich Ernährung und Landwirtschaft gibt es viele Gründerinnen und Gründer, die innovative und nachhaltige Konzepte verfolgen. Um Sie auf ihrem spannenden Weg zu unterstützen und weitere junge Menschen für nachhaltige landwirtschaftliche Konzepte zu begeistern, brauchen Junglandwirtinnen und -landwirte verlässliche Rahmenbedingungen und Planungssicherheit. Dazu wollen wir den Berufsstand attraktiver gestalten und Anreize schaffen. Hierzu zählt eine verbesserte Work-Life-Balance und weniger Bürokratie. Wir wollen uns für eine konsequente Digitalisierung der Landwirtschaftsverwaltung einführen und so die Antrags- und Dokumentationslast verringern.

In anderen Bundesländern sehen wir die erfolgreiche Förderung von Bürgerenergie über Investitions- und Landesbanken. Gleichzeitig wurde in NRW die Energie.Agentur eingestellt. Wo sehen Sie die Chance, diese Lücke in Zukunft zu füllen und auch in NRW entsprechende Förderstrukturen aufzubauen?

Hendrik Wüst (CDU)

Wir haben die „Energieagentur.NRW“ durch die "NRW.Energy4Climate" ersetzt, um die Bereiche Klimaschutz und Energiewende zu bündeln. Durch die Neugründung steht Kommunen und Unternehmen nun ein zentraler, schlagkräftiger, flexibler Akteur zur Verfügung. Wir bauen auf NRW.Energy4Climate als Brückenbauer der Kommunen um Fördermittel und Investitionen zu binden. Die Umsetzung der Energiewende wird so beschleunigt, die Klimaschutzziele intensiver verfolgt und das Innovationspotential des Landes durch nationale und europäische Förderprogramm in die Praxis überführt.

Thomas Kutschaty (SPD)

Der SPD ist die Förderung von Bürgerenergie und die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an den Gewinnen der Sonnen- und Windenergieanlagen ein wichtiges Anliegen. Daher werden wir derartige Ansätze, die auch der Akzeptanzsteigerung dienen, in die Fläche bringen. Dies kann direkt über individuelle Beteiligungen oder aber über die Kommunen funktionieren. Die SPD kritisierte seit deren Bekanntwerden die Pläne der Landesregierung zur Zerschlagung der Energie.Agentur.NRW deutlich. Dadurch gehen in mehr als 30 Jahren gewachsene Netzwerke und immenses Know-how von rund 160 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verloren. Das gefährdet die Zukunft des Klimaschutzes in NRW, weil wir davon überzeugt sind, dass wir auf ihre Unterstützung angewiesen sind.

Mona Neubaur (Bündnis90/Die Grünen)

Wir werden Bürgerenergieprojekten die Unterstützung geben, die sie verdienen. Mit einem Bürgerenergiefonds bei der NRW.Bank werden wir Energiegenossenschaften und Co. Risikokapital für die Projektentwicklung zu Verfügung stellen. Dieses muss im Falle einer erfolgreichen Realisierung des Projektes zurückgezahlt werden und steht so neuen Projekten zur Verfügung. Gleichzeitig wollen wir die Unterstützungsangebote der neuen Landesenergie- und Klimaagentur für Bürgerenergieprojekte verstärken. Zusammen mit den geplanten Erleichterungen auf Bundesebene kann so neuer Schwung in die von Bürgern getragene Energiewende kommen.

Dr. Joachim Stamp (FDP)
Die Klimaschutzförderung des Landes wurde in unserer Regierungsverantwortung zu Beginn des Jahres neu aufgestellt. Alle operativen Energie- und Klimaschutzaktivitäten sind unter dem Dach der neuen Landesgesellschaft NRW.Energy4Climate gebündelt worden. Die neue Landesgesellschaft vernetzt alle wichtigen Akteure, berät und unterstützt Unternehmen und Kommunen auf ihrem Weg zur Klimaneutralität und informiert die Gesellschaft über relevante Themen. Mit der neuen Gesellschaft werden auf allen Ebenen zusätzliche Fördermittel mobilisiert und Klimaschutzmaßnahmen schneller möglich gemacht. Um die Regionen bestmöglich zu unterstützen, wird die Landesgesellschaft mit NRW.Klimanetzwerkerinnen und -netzwerkern in neun Regionen Nordrhein-Westfalens vertreten sein: in Ostwestfalen-Lippe, der Metropole Ruhr, im Münsterland, in der Städteregion Aachen, in Köln/Bonn, am Niederrhein, im Bergischen Städtedreieck, in Südwestfalen und in Düsseldorf/Mettmann. Die neue Landesgesellschaft werden wir bei Ihrer Arbeit weiter unterstützen.

Sprechen Sie hierzu gerne an:

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