Politische Positionen

Corona-Pandemie: Fördermaßnahmen zur wirtschaftlichen Stabilisierung

  • 13.05.2020
  • Politische Positionen
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© Bildagentur PantherMedia / peshkova

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Bund und Länder haben mit ihren Beschlüssen den Lockdown in Deutschland deutlich gelockert. Das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben in Deutschland wird aber weiterhin stark von Einschränkungen und Schutzmaßnahmen geprägt sein. Ob und inwieweit die kontinuierliche Reduzierung der Einschränkungen zu einer Normalisierung des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens führen wird, kann niemand mit Gewissheit sagen. Die massiven konjunkturellen Folgen werden unter anderem in den Prognosen der EU-Kommission, der Bundesregierung und der Wirtschaftsforschungsinstitute deutlich.

Die kurzfristigen und unbürokratischen Soforthilfen der Politik durch Zuschüsse, Förderkredite und Bürgschaften haben ihr Ziel – die Stabilisierung der Wirtschaft und Überbrückung der Liquiditätsbedürfnisse von Unternehmen – in einem ersten Schritt erreicht. Mit ihren beherzten Maßnahmen hat die Politik der Wirtschaft Zeit verschafft.

Allerdings ist bereits heute absehbar, dass die Krise mittel- bis langfristig immens auf die mittelständische Wirtschaft wirken wird, wenn nicht jetzt konkrete Konjunkturimpulse gesetzt werden. Die Auswirkungen auf Unternehmen und Beschäftigte bleiben auch nach Ende der ersten Pandemiephase sehr groß. Es braucht daher klare Regeln zum Schutz der Gesundheit und gleichzeitig eine Fortsetzung sowie Ergänzung wirkungsvoller Maßnahmen für die weitere Stabilisierung der Wirtschaft. Ein bundesweit weitgehend einheitlicher und verlässlicher Rahmen für einen geordneten Weg aus dem Lockdown durch ein koordiniertes Vorgehen von Bund und Ländern liegt nun vor und verhindert Friktionen und Missverständnisse.

Vor diesem Hintergrund wollen die Unternehmen der kooperativen mittelständischen Wirtschaft mit den folgenden Vorschlägen einen konstruktiven Beitrag für die Gestaltung der vor uns liegenden Wochen und Monate leisten.

  1. Infektionsschutz forcieren
  • Für eine geordnete Rückkehr in weitestgehend normale öffentliche und wirtschaftliche Verhältnisse muss den Unternehmen ausreichend Infektionsschutzmaterial bereitstehen. Investitionen in Umbaumaßnahmen, um einen zukünftigen Lockdown zu vermeiden, kommen allen zugute. Sie sollten über Zuschüsse gefördert werden, damit Mindestabstände auch langfristig eingehalten werden können.

  1. Heimische und regionale Unternehmen stärken
  • In der Krise ist an vielen Stellen deutlich geworden, dass ein gewisses Maß inländischer Strukturen wertvoll und unverzichtbar ist. Die deutsche Landwirtschaft beispielsweise hat trotz widriger Umstände wie fehlenden Erntehelfern die Versorgung der Bevölkerung mit einem breiten Spektrum an Produkten sicherstellen können. Die Systemrelevanz der Landwirtschaft sollte unbedingt gesetzlich verankert werden, um Erleichterungen auch dieser Schlüsselbranche zugänglich zu machen.
  • Von den Kontaktbeschränkungen und Geschäftsschließungen haben insbesondere die großen Internetplattformen profitiert. Eine Stärkung kleiner und mittelständischer Unternehmen im Onlinehandel würde durch die Einordnung großer Plattformen als „öffentlicher Markt“ (d. h. diskriminierungsfreier Zugang für kleine Händler, keine Offenlegung der Kundeninformationen der Kleinhändler) und durch eine Deregulierung des Fernabsatzes speziell für kleinere Unternehmen (z. B. gesetzliche Muster für Pflichtinformationen etc.) erreicht.
  • Mit der Ausgabe von Gutscheinen für Produkte und Dienstleistungen mit enger zeitlicher Befristung erzeugt man Nachfrage und hilft besonders betroffenen Branchen in den Regionen, weil Umsätze schnell entstehen (z. B. Einzelhandel, Restaurants, Hotellerie, Taxi etc.).

  1. Anreiz- und Förderprogramme anpassen und ergänzen
  • Bestehende funktionierende Maßnahmen der wirtschaftlichen Förderung sollten erhalten bleiben (besonders die Kreditprogramme mit hohen Haftungsfreistellungen werden noch bis weit ins Jahr 2021 benötigt).
  • Förderprogramme und Zuschüsse wurden in kürzester Zeit aus der Taufe gehoben. Dabei musste die Harmonisierung der Programme zurückstehen. Das gilt es nachzuholen und den Zugang zu Hilfsprogrammen zu verbessern. Eine stärkere Verzahnung und Abstimmung der Förderkredit- und Zuschussprogramme von Bund und Ländern (d. h. Höhe der Zahlungen und Antragsprozedere) muss nun erfolgen. In unserem 14 Bundesländer umfassenden Geschäftsgebiet gibt es sehr große Unterschiede bei der Beantragung der Soforthilfezuschüsse. Unternehmen benötigen:

  • Klare und transparente Regeln zur Kumulierbarkeit von Förderhilfen
  • Vereinfachte Verfahren für Unternehmen, die in den letzten zwei Geschäftsjahren vor der Corona-Krise wirtschaftlich erfolgreich waren (z. B. über nachträgliche Möglichkeit zur Bildung von steuerlichen Ansparrückstellungen)
  • Erleichterung bei der Beantragung von bestehenden Förderprogrammen – allgemeiner Bürokratieabbau und möglicherweise eine Bewilligung und erst nachgelagerte Detailprüfung

  • Klimawandel und Nachhaltigkeit sind durch die Corona-Pandemie in den Hintergrund gerückt. Der Digitalisierungsbedarf ist in vielen Unternehmen in den vergangenen Wochen besonders deutlich geworden. Ein „Fitnessprogramm“ für Investitionen in Digitalisierung und Modernisierung würde zukunftsgerichtete Strukturanpassungen initiieren. Geplante Investitionen wurden aufgrund der unklaren Lage nicht vorgenommen mit negativen Folgen für die meist mittelständischen Auftragsnehmer. Ein „Fitnessprogramm“ der KfW würde Anreize setzen, um Unternehmen digital und klimagerecht (Sanierung und dezentrale Energieerzeugung) aufzustellen. Solche Programme kurbeln die Binnennachfrage an und stärken die Konjunktur.
  • BAFA-Förderung: Mittelständische Unternehmen haben gerade jetzt einen hohen Beratungsbedarf. Ihnen fehlen in der aktuellen Lage aber die notwendigen Mittel, um Beratungsleistungen in Anspruch zu nehmen bzw. vermeiden solche Ausgaben aus Vorsichtsgründen. Abhilfe würde die Ausweitung der BAFA-Programme zur Beratungsförderung auf weitere Branchen (z. B. Landwirtschaft) schaffen sowie eine Verlängerung über den 31.12.2020 hinaus und eine Erhöhung der maximalen Förderung auf 10.000 Euro.
    Falls Unternehmen an dem klassischen BAFA-Förderungsprogramm „Förderung unternehmerischen Know-hows“ teilnehmen und es aufgrund der Corona-Krise zu unvorhergesehenen Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Beratung kommt, sollten unkomplizierte Regelungen geschaffen werden, um die Förderfähigkeit eines laufenden Vorhabens nicht zu gefährden.
  • Corona-Gutachten für mittelständische Unternehmen: Die Beantragung von Fördermitteln, Zuschüssen und Krediten bedeutet – neben der Aufgabe, das eigene Geschäft in Corona-Zeiten fortzusetzen oder wieder in den Gang zu bringen –, erheblichen Aufwand. Damit Unternehmen sich auf das eigene Geschäft konzentrieren können, würde ein gefördertes Gutachten, das gegenüber Behörden, Banken etc. die Fortführungsprognose bescheinigt, eine große Entlastung bedeuten.

  1. Weitere finanzielle Hilfen und Erleichterungen schaffen

Allen Bemühungen zum Trotz wird es nicht gelingen, unter den geltenden Rahmenbedingungen Insolvenzen und Aufgaben von Unternehmen abzuwenden. Von einem auf den anderen Tag
wegbrechende Umsätze bei weiterlaufenden Kosten können nicht in allen Branchen kompensiert oder nachgeholt werden. Unternehmen benötigen weitere konkrete Hilfen wie:

  • (Teil-)Rückzahlungsverzicht, verbunden mit einer Besserungsscheinverpflichtung (Rückzahlung der Kredite abhängig von der tatsächlichen Ertragslage)
  • Besondere Unterstützungsmaßnahmen für besonders betroffene Branchen (Verdoppelung Zuschüsse, langfristige zinslose Kredite mit tilgungsfreien Jahren)
  • Klein- und mittelgroße Unternehmen benötigen vergleichbare Regelungen wie Kleinstunternehmen (verlorene Zuschüsse, die sich an bestimmten Merkmalen des Unternehmens orientieren)
  • Schutzschirm für Unternehmen, die ihre Leistung erbringen bzw. erbracht haben, aber Gefahr laufen diese aufgrund der Krise nicht bezahlt zu bekommen
  • Stärkung der Eigenkapitalbasis über Eigenkapitalhilfeprogramme analog zu Existenzgründungen und Stärkung von Beteiligungskapital

  1. Arbeit flexibilisieren
  • Flexibilisierung von Arbeitszeiten, um die negativen Effekte der Krise jetzt nachzuholen (temporäre Sonderregelungen zum Arbeitszeitschutzgesetz, z. B. Arbeitszeithöchstgrenze & Ruhezeitenregelungen, Sondergenehmigungspflicht für Sonntags- oder Feiertagsarbeit flexibilisieren, Nachtarbeitsgenehmigungen erleichtern etc.)
  • Flexibilisierung des Arbeitsmarktes u.a. durch Sonderregelungen beim Kündigungsschutzgesetz, um die Bereitschaft der Unternehmer zu erhöhen, Arbeitnehmer einzustellen (Erhöhung Kleinbetriebsgrenze oder vergleichbare temporäre Regelungen).

  1. Bürokratische Vorgaben reduzieren und allgemeine Erleichterungen schaffen
  • Pragmatische, gesetzliche Grundlagen und Vorgaben, um sämtliche kaufmännischen Unternehmensprozesse digital durchführen zu können
  • Lockerungen bei Ladenöffnungszeiten, um die Verluste aus der Corona-Zeit aufzuholen
  • Temporäre Lockerung von Berufs-Zugangsbeschränkungen (z. B. Messebau führt Trockenbau aus)
  • Vereinfachung und Beschleunigung von Genehmigungsverfahren für z. B. Investitionen, aber eben auch branchenspezielle wie Fahrgenehmigungen für Schwerlast, Bau, Baunebengewerbe
  • Vereinfachung des Vergaberechts: Erleichterung der Auftragsvergabe an regionale Unternehmen, schnellere Vergabeverfahren.

  1. Steuerliche Entlastungen schaffen
  • Befristete Einführung von Sonderabschreibungen auf Investitionen
  • Tilgungen von Sonderkreditmitteln, die in der Corona-Krise aufgenommen wurden, zeitlich befristet (teilweise) als Betriebsausgaben anerkennen
  • Einführung einer Risikoausgleichsrücklage für landwirtschaftliche Betriebe, um nicht planbare und durch externe Faktoren ausgelöste Krisen (z. B. Dürre, Afrikanische Schweinegrippe) besser abfedern zu können
  • „Automatische“ Korrektur der anzumeldenden Umsatzsteuer bei Dauerschuldverhältnissen wie Miet-, Darlehens- oder Leasingverträgen im Kontext des Corona-Pandemie bedingten temporären Leistungsverweigerungsrechts
  • Bewertung und Abschreibung von Wertpapieren: Anwendung der sogenannten 5%igen Bagatellgrenze für Zwecke der Anpassungen der Vorauszahlungen und auch für die Steuererklärung 2020
  • Aussetzung oder zumindest temporäre erhebliche Absenkung der Nachzahlungszinsen auf 1,0 %, um Liquidität über eine „Kreditvergabe“ durch das Finanzamt zu ermöglichen

Straffung von Betriebsprüfungen und Übergang zu zeitnaher Betriebsprüfung – ggf. unter Inkaufnahme, dass ältere Jahre nicht berücksichtigt werden, damit Unternehmen sich auf ihr Geschäft konzentrieren können.

Sprechen Sie hierzu gerne an:

Daniel Illerhaus Profil bild
Pressesprecher Verband

Daniel Illerhaus

Abteilungsleiter Kommunikation, Marketing, Politik

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