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Raiffeisen-Genossenschaften: Gemeinsam Nutzen stiften für den ländlichen Raum

  • 25.05.2018
  • Aus dem Verband
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Genossenschaften wie die Raiffeisen Rhein-Ahr-Eifel sind das Rückgrat ländlicher Regionen. Sie bieten alle Waren- und Dienstleistungen an, die hier wichtig sind. Und auch andere Herausforderungen wollen Genossenschaften lösen.

Der Autobahnring rund um Köln ist bei allen Verkehrsteilnehmern gefürchtet: Staus ohne Ende, entweder ausgelöst durch Unfälle oder zu hohes Verkehrsaufkommen, meistens beides.

Willkommen im urbanen Raum. Nur 60 Kilometer weiter südlich, in Euskirchen, sieht die Welt anders aus. „Ländlich-sittlich“, würden frühere Generationen das Erscheinungsbild umschreiben. Aber keinesfalls abgehängt von den modernen Zeiten. Es ist die Welt der Raiffeisen Rhein-Ahr-Eifel im ländlichen Raum im Dreiländereck Deutschland, Belgien und Luxemburg.

„Wer keine Kontakte erzeugt, kann auch keine Kontrakte schaffen.“ So lautet die Devise, die Geschäftsführer Dr. Alois Splonskowski mit seinen 142 Mitarbeitern an den 15 Geschäftsstellen, sieben Tankstellen und drei Bau-Zentren in seiner landwirtschaftlichen Genossenschaft Tag für Tag mit Leben erfüllt. Im Betreuungsgebiet der Raiffeisen Rhein-Ahr-Eifel leben 390.000 Einwohner auf einer Fläche von 120 mal 140 Kilometern. „Die Raiffeisen Rhein-Ahr-Eifel ist in meinen Augen keine landwirtschaftliche Genossenschaft, sondern eine ländliche Genossenschaft“, erläutert Splonskowski. „Wir bieten als Genossenschaft alle Waren- und Dienstleistungen an, die in diesen Raum gehören.“ Das Spektrum umfasst die Geschäftsbereiche Agrarprodukte, Baustoffe, Energie, Laborservice, Raiffeisen-Markt und Reifen. Und vieles davon wird vor seinen Augen beispielhaft in der Geschäftsstelle in Euskirchen abgewickelt – rechts die Einfahrt für die Trecker der Landwirte, links für die Autos der Kunden des Raiffeisenmarktes. Und dazwischen die markanten und weithin sichtbaren Silotürme.

Die Geschäftszahlen spiegeln Splonskowskis Motto „Kontrakte schaffen“ eindrucksvoll wider: Auf 93,1 Millionen Euro ist der Gesamtumsatz seiner Genossenschaft im zurückliegenden Geschäftsjahr angestiegen. 172.500 Tonnen wurden insgesamt als Vermarktungsmenge verarbeitet, 44,2 Millionen Tonnen Heizöl und Treibstoffe gehandelt und 121.900 Reifen verkauft – um nur einige Kernzahlen zu nennen.

Problemlöser für viele Bereiche der Gesellschaft

Und innovativ ist man hier auch. Das wird besonders im Bereich Laborservice sichtbar. Dieses Angebot richtet sich nicht nur an die Kernklientel der Genossenschaft, die Landwirte, sondern auch an Weihnachtsbaumanbauer, Gartenbauer, Obst- und Weinanbauer, Biogasanlagenbetreiber, Hobbygärtner und Pferdehalter. Seit über 25 Jahren betreibt die Raiffeisen für diese Zielgruppen bereits ein Labor mit moderner Messtechnik und liefert wichtige Daten für messbaren Erfolg in Düngung und Fütterung sowie eine praxisorientierte Fachberatung. Eine optimale Tiergesundheit, Kostensenkungen bei der Düngung, die Sicherung eines hohen Ertragsniveaus und der Schutz der Umwelt werden so durch die Laboranalysen bei der Raiffeisen möglich. „Wir sind Problemlöser für viele Bereiche im ländlichen Raum“, bringt es Splonskowski auf den Punkt.

Raiffeisen stellt vor Ort zudem viele Arbeitsplätze. „Die meisten unserer Mitarbeiter können mit dem Fahrrad zur Arbeit kommen“, freut sich Splonskowski. Zudem bildet Raiffeisen aus. „Ich habe keinen Mitarbeiter, der keine Ausbildung hat“, verdeutlicht der Geschäftsführer. Wichtig sind für ihn vor allem auch die genossenschaftlichen Bildungsangebote wie das GenoKolleg in Münster, das die Auszubildenden der Raiffeisen Rhein-Ahr-Eifel besuchen. Eine Gleichwertigkeit in der Ausbildung und die Verzahnung von Theorie und Praxis, quasi von Gummistiefel und Laptop, sind für Splonskowski starke Vorzüge des Angebots, das der Genossenschaftsverband hier bietet.

Die Raiffeisen Rhein-Ahr-Eifel ist erfolgreich und Teil der starken Gemeinschaft der Genossenschaften. „Wir zahlen Steuern vor Ort und in der Region. Wir sind für die örtlichen Vereine als Sponsor unterwegs. Und wir sind erkennbar“, zählt Splonskowski auf. Erkennbar als Raiffeisen, erkennbar als ländliche Genossenschaft, erkennbar als Handelspartner der Landwirte, als Nahversorger, gesellschaftliche Klammer und Impulsgeber mit ihren genossenschaftlichen Genen von Selbsthilfe, Selbstverantwortung und Selbstverwaltung. Splonskowski ist damit in seiner Zeit an der Universität Bonn infiziert worden. „Suchst du nach helfenden Händen, suchst du an deinen eigenen Armen“, lautet seine ganz persönliche Über- und Umsetzung dieser Idee des gesellschaftlichen Miteinanders. „Der Anspruch, etwas gestalten zu können und eine Perspektive zu haben, aber das in einer gewissen Gemeinsamkeit, das ist das, was mich fasziniert. Deshalb bin ich bei den Genossenschaften gelandet.“

Genossenschaften leisten zudem gerade im ländlichen Raum wichtige Arbeit. Einem Raum, der häufig unterschätzt wird. In der Raumordnung wird der ländliche Raum meist als „Restgröße“ angesehen, als Gebiet, das weder Verdichtungsraum noch Randzone eines Verdichtungsraumes ist. Durch die städtische Brille gesehen ist der ländliche Raum ein ständiges Sorgenkind. Allgemein beklagt werden die dünne Besiedlung, die demografische Entwicklung, die Abwanderung und der Infrastrukturverfall. Hohe Arbeitslosigkeit, Abwanderung und Infrastrukturverfall belasten zudem viele ländliche Gebiete und Dörfer.

Der ländliche Raum als ständiges Sorgenkind

Diese Sorgen kennt auch Splonskowski. Das ist im Geschäftsgebiet seiner Raiffeisen Rhein-Ahr-Eifel nicht viel anders. „Der Lückenschluss der A1 ist ein Riesenthema. Auch der öffentliche Nahverkehr lässt zu wünschen übrig. Was wir da für Lebenszeit opfern, das versteht kein Mensch.“ Ein Defizit gibt es auch bei der digitalen Infrastruktur. „Total vernachlässigt“, urteilt Splonskowski. „Wie soll denn da im ländlichen Raum Precision Farming und Smart Farming zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit funktionieren?“

Als weiteren Schwachpunkt nennt Splonskowski am Beispiel der Raiffeisenmärkte das Baurecht. „Bis 800 Quadratmeter Verkaufsfläche ist alles okay. Wenn ich aber größer bauen will, wie zum Beispiel ein kleines Geschäftszentrum, greifen die Einzelhandelsbestimmungen für die Großfläche. Die Folge sind hohe Projektentwicklungskosten. Hier fehlen Schwellenwerte.“ Und obwohl im ländlichen Raum die erneuerbaren Energien erzeugt werden, sind die Leitungskosten hier am höchsten. „Obwohl das Windrad danebensteht.“ Sein genereller Vorwurf: „Es gibt keinen Masterplan für die ländlichen Räume. Die strukturellen Defizite in Deutschland werden von der Politik nicht aufgegriffen.“

Auch der Genossenschaftsverband – Verband der Regionen weist regelmäßig auf diese Probleme hin und wirbt in Politik und Gesellschaft für bessere Rahmenbedingungen. Das findet Anklang bei Splonskowski: „Der Genossenschaftsverband ist weiter aufgefordert, für uns als Interessenvertreter tätig zu sein“, fordert er. „Das alles ist von mir natürlich ein Plädoyer für den ländlichen Raum in Deutschland, weil die Mitglieder von Genossenschaften hier leben. Die Probleme sind vor Ort bei den landwirtschaftlichen Genossenschaften vielfach identisch.“ Zudem sieht er Vorteile darin, dass es in der genossenschaftlichen Welt auf den verschiedensten Ebenen alle Typen von Genossenschaften gibt. „Aber wir bleiben dabei immer in unserer genossenschaftlichen Wertewelt“, zeigt sich Splonskowski überzeugt vom Erfolgsmodell Genossenschaften.

Genossenschaften stärken die ländliche Infrastruktur

Auch eigene Lösungen gibt es: Mit Breitbandgenossenschaften finden sich beispielsweise bei der digitalen Infrastruktur auch hier genossenschaftliche Lösungen. „Ich glaube, dass wir mit unserem genossenschaftlichen Grundverständnis sehr viel beitragen zur Belebung ländlicher Räume“, sagt Vorstandsvorsitzender Ralf W. Barkey vom Genossenschaftsverband. „Überall, wo es Probleme gibt, gründen sich Genossenschaften – egal in welchem Bereich: Ärzteversorgung auf dem Land, Breitbandversorgung, Leben im Alter.“

Die Raiffeisen-Genossenschaften sind ein klassisches Beispiel, wie Genossenschaften den ländlichen Raum stärken. Landwirtschaft, ländlicher Raum und die Raiffeisen-Genossenschaften gehören zusammen. Das wurde auch in der Zukunftswerkstatt 2018 im Rahmen der Grünen Woche in Berlin diskutiert. Technische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Trends werden das Leben und Wirtschaften auf dem Land umfassend verändern. Und die Genossenschaften bieten Antworten.

Eine Wertewelt, die auch international geschätzt wird – ob in Südamerika, Asien oder Südeuropa. Das hat Splonskowski in seiner langjährigen Projektarbeit für den DGRV hautnah erfahren dürfen. „Wir beraten strukturell und strategisch unter anderem in Fragen von Management, Organisation, Finanzierung, Personalentwicklung, Prüfung. Wir wollen die Genossenschaften einfach besser und stabiler machen, die Urbanisierung stoppen – das ist die große Herausforderung.“ Gesteuert durch den DGRV, unterstützt vom Genossenschaftsverband.

Ob bei der Raiffeisen Rhein-Ahr-Eifel, in Deutschland oder in der großen Welt – um das Genossenschaftswesen als erfolgreiches Modell für den wirtschaftlichen Erfolg und zur Entwicklung der ländlichen Räume voranzubringen, steht für Splonskowski eines im Fokus: „Es geht auch in Zukunft darum, Nutzen zu stiften. Das ist unsere Aufgabe. Daran müssen wir uns messen lassen.“

Dieser Text erschien auch im Jahresbericht 2017 des Genossenschaftsverbandes.

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