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Zum MitgliederportalFoto: Diana Wetzestein
Die Genossenschaft WerraHanf will aus der Kulturpflanze Papier, Öl, Textilien und Dämmstoffe produzieren und tritt damit gegen Wettbewerber in Europa und Asien an.
Meterhoch sprießen die satt grünen Pflanzen aus dem Boden. Imposant und beeindruckend stehen sie auf dem Feld und ziehen die Aufmerksamkeit auf sich. Manche Spaziergänger oder Autofahrer schauen verwundert ein zweites Mal hin. Die an eine Menschenhand erinnernden Blätter haben fünf oder mehr Blättchen um das Hauptblatt. Weltweit identifizieren Menschen daran die Hanfpflanze. Seit der Wiederentdeckung einer der ältesten Kulturpflanzen durch westliche Textilhersteller nutzt auch die Bauindustrie die zu Fasern verarbeiteten Teile des Maulbeergewächses. Und so erlebt der Kulturhanf nun im hessischen Werratal eine unglaubliche Renaissance.
Die noch in Gründung befindliche WerraHanf Genossenschaft will mit ihrem breit gespannten Netzwerk die Pflanzen anbauen und zu hundert Prozent verwerten. Aus dem nachwachsenden Rohstoff können unter anderem Papier, Öl, Textilien und Dämmstoffe hergestellt werden. Bislang beziehen deutsche Unternehmen ihren Hanf-Rohstoff vorwiegend aus Ländern wie China oder Frankreich. Ein Markt, der viele Möglichkeiten bietet und den sich die WerraHanf-Genossenschaft nach und nach als regional netzwerkende Wertschöpfungsgemeinschaft erobern möchte.
Die kleine Gemeinde im Norden Hessens, direkt an der Grenze zu Thüringen, ist kaum bekannt: Wer auch immer den Namen Wanfried zum ersten Mal hört, fragt verwundert nach, ob er das Wort richtig verstanden habe. Ja, es heißt tatsächlich Wanfried. Der kleine Ort liegt wohl eingebettet in die sanften Hügel des hessischen Werratals. Die Erde ist hier schwarz und schwer und rundherum schlängeln sich Felder, Wälder und die Werra. Wenn man Diana Wetzestein fragt, was für sie Natur und Heimat ist, antwortet sie kurz und knapp: „Vielfalt“. Genau diese natürliche Vielfalt will die 51-Jährige in ihre Heimatstadt Wanfried zurückbringen. 2015 hat sie dafür gemeinsam mit wenigen anderen Mitstreitern eine genossenschaftliche Idee ersonnen, 2017 wurde die WerraHanf Genossenschaft gegründet. „Unsere Genossenschaft will den Hanfanbau auf biologisch bewirtschafteten Flächen fördern, die Rohware dann bei den Biolandwirten ankaufen und in Manufakturen in der Region daraus biozertifizierte Produkte herstellen lassen“, erklärt die wortgewandte Vorstandsvorsitzende, die gemeinsam mit dem Mediziner Dr. Klaus Amon und der Biolandwirtin Katharina Nennewitz die ersten wichtigen Aufgaben für die Genossenschaft ehrenamtlich übernommen hat.
Neues Netzwerk für Kulturhanf
Und so reift Finola, eine finnische Hanfsorte, nun im Werratal. 2017 erst auf einem Hektar Bioland, 2018 bereits auf 26 und 2019 sollen es 40 Hektar werden: Mit zwei Landwirten in Hessen hat es begonnen. Jetzt sind es vier in Hessen und zwei große Agrarbetriebe in Thüringen. „Mir schwebt ein Netzwerk von der Quelle bis zur Mündung der Werra vor“, erzählt die gelernte Industriekauffrau und Veterinärmedizinisch-technische Assistentin und Journalistin von ihren ambitionierten Plänen. Finola scheint dafür genau die richtige und vor allem beständige Hanfsorte zu sein. Auf bestem Boden und unter hervorragenden Bedingungen – zusätzliches Düngen war bisher nicht nötig – war der Ertrag sehr gut.
Der Hanfanbau beeinflusst sowohl die Bodenqualität als auch den Wasserhaushalt positiv. Die Topografie des Werra-Meißner-Kreises ist geradezu perfekt mit ihren kleinen Flächen für den Hanfanbau. Zudem leistet der Anbau einen wichtigen Beitrag zum Artenschutz. Wer allerdings denkt, dass er durch die Genossenschaft in Zukunft seinen Haschischkonsum gut decken kann, wird enttäuscht. Denn der dort angebaute Bio-Hanf enthält so gut wie keine berauschenden Stoffe – und ist auch nicht brennbar. Seit Hanf in Deutschland in rauschmittelarmen Sorten wieder als industrielle Nutzpflanze angebaut werden darf, so das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in Berlin, werden die Pflanzenbestandteile auch zunehmend zur Herstellung von Lebensmitteln eingesetzt. Die Produktpalette reicht von Hanfsamen und -öl über Back- und Süßwaren, Wurst, Tee bis Bier. Hanf wird eben nicht nur von einigen Rauchern hochgeschätzt, die sich gern mal ein Pfeifchen stopfen.
Die besondere genossenschaftliche Idee hinter WerraHanf ist das Netzwerk: die Pflanze zum einen biologisch anzubauen und zum anderen anschließend zu hundert Prozent verarbeiten zu lassen. Bereits heute werden Bio-Hanföl, Bio-Hanftee (nur für Weiterverarbeiter), und Bio-Hanfpellets für die Tierfütterung in der Region unter dem Label „WerraHanf“ zum Kauf angeboten. „Wir haben schon jetzt viele regionale Partner und Verkäufer gewonnen. Fast 40 Einzelhändler und auch Bäcker“, berichtet Wetzestein. Momentan fehlen jedoch noch Verwender für die Fasern der Pflanze. Diese können zum Beispiel als Dämmstoff oder in der Textilindustrie verwendet werden.
Gründungsmitglieder legen selbst Hand an bei der Hanfernte.
Mit „WerraHanf“ Region aufwerten
Die Idee, Hanf in Deutschland anzubauen, kam bereits Ende der 1990er Jahre wieder auf. Gleich nach der Legalisierung der Pflanzen. In der Werra-Region um Wanfried herum haben sich nun schon mehrere Landwirte gefunden, die sich vom Versuchsanbau des Faserhanfes überzeugen ließen. Seitdem wurden verschiedene Hanfsorten auf konventionell und auf ökologisch bewirtschafteten Böden gedrillt. Von diesen Erfolgen berichtet Diana Wetzestein stolz. Im vergangenen Jahr konnten sie erstmals Hanfsamenöl aus dem Werratal in Bioqualität anbieten. Auch Pellets für Tiere und Hanfnüsse bietet die Genossenschaft an. Sie befindet sich noch in Gründung; konnte die Mitgliederzahl im ersten Jahr nach der Gründungsversammlung von 18 auf 132 Personen steigern. Die WerraHanf-Genossenschaft hat sich ein klares Profil gegeben: sozial-fair, ökologisch und ressourcenschonender Umgang mit Mensch und Natur. Der regionale Ansatz steht dabei ganz oben. „WerraHanf“ soll eine gute Marke werden und zugleich das Image der Werra-Region aufwerten. Mit diesem Ziel arbeitet die WerraHanf Genossenschaft mit dem Fachbereich Ökologische Agrarwissenschaften der Uni Witzenhausen, mit der Tierärztlichen Hochschule Hannover und der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin zusammen.
Die WerraHanf Genossenschaft ist deutschlandweit bislang die einzige Bio-Hanf-Genossenschaft, die Thüringen, Hessen und Niedersachsen entlang der Werra vereint. Einmalig ist auch, dass sich eine deutsche Region so aufgeschlossen und vielfältig zum Thema Hanf bekennt.
Die Hanf-Enthusiasten im Werratal werden fast täglich mehr und stecken immer neue an. Ihr Ziel: Hanf als Nutzpflanze im Werratal wieder anzusiedeln. Zudem wollen die Pioniere aus den Samen Nutzbares und Delikatessen herstellen sowie Absatzkanäle für die Faserstoffe finden.
Yvonne Reißig