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Im Fokus: Handwerk | Veröffentlicht am 11.09.2019

Sitz.Platz!

Die Sitzmöbelhandwerk Oelsa eG bewahrt die alte Stuhlbauerkunst, die im sächsischen Rabenau schon seit Jahrhunderten Tradition hat. In den Meisterwerkstätten werden historische oder einfach nur geliebte Stühle und Tische auf Wunsch von Privatkunden und öffentlichen Auftraggebern aus dem In- und Ausland gefertigt und repariert.

Aus wie vielen Schätzchen sie in Oelsa in all den Jahren wieder nutzbare Plätzchen geschaffen haben, vermag Bernadette Werner gar nicht zu sagen. Und auch die Anzahl all der Stühle, die nagelneu die Sitzmöbel Genossenschaft in dem kleinen Rabenauer Ortsteil verlassen haben, kann sie nicht beziffern. Fest steht nur: Alle waren und sind mit Leidenschaft für das Produkt und nur durch die präzise Zusammenarbeit verschiedenster Gewerke entstanden. „Unsere Aufgabe ist es, als Bindeglied zwischen dem Handwerk und den Kunden zu fungieren“, erklärt Bernadette Werner. Sie ist die gute Seele der kleinen, aber feinen Genossenschaft und zugleich ihre Geschäftsführerin und Vorständin. Neben ihr gibt es sieben weitere Mitglieder, darunter Stuhlbauer, Polsterer und Polierer. „Das Besondere jedoch ist, dass wir in unserer unmittelbaren Nachbarschaft alle weiteren Gewerke haben, die für den Bau und die Reparatur von Stühlen, speziell von historischen, notwendig sind und mit denen wir hervorragend zusammenarbeiten“, so die 57-Jährige. Dazu zählen Stuhlflechter, Holzbildhauer und Vergolder.

Rabenau: die Stuhlbaustadt
Dass die Genossenschaft mit diesem handwerklichen Pfund wuchern kann, hat sie vor allem der Geschichte zu verdanken. Denn in Rabenau, zirka 20 Kilometer von Sachsens Landeshauptstadt Dresden entfernt, hat der klassische Stuhlbau schon seit mehr als 400 Jahren Tradition. Zahlreiche Zeugnisse davon stehen im Deutschen Stuhlbaumuseum, dass schon 1922 eröffnete. Bis 1900 hatten sich in Rabenau rund 150 Werkstätten und 13 Fabriken etabliert. „Die Nähe zu Dresden brachte seinerzeit enormen Aufschwung, denn wir hatten den Werkstoff Holz quasi vor der Tür“, weiß Bernadette Werner. Der Zweite Weltkrieg machte diese erfolgreichen Strukturen dann zunichte. Es fehlte zunächst an Arbeitern, später vor allem an Material. Diese Tatsache war einer der Gründe für die Gründung der Sitzmöbelhandwerk Oelsa eG im Jahre 1958. Der andere war politisch: „Die sozialistische Regierung wollte das Handwerk, wie die Landwirtschaft, in eine Zwangsorganisation bringen“, erläutert die Vorständin.

Schnell erkannten die 50 Handwerker, die von dieser Konzentration zunächst alles andere als begeistert waren, dass der verordnete Zusammenschluss in der damaligen Zeit der Mangelwirtschaft auch Vorteile hatte. Denn vieles, was sie sonst selber hätten übernehmen müssen, wurde nun zentral geleitet und gesteuert – allen voran der Einkauf von Holz, Stoffen und Polstermaterial. Die Einkaufs- und Liefergenossenschaft hielt sich bis 1990, seither fungiert sie als reine Absatzgenossenschaft. „Wir hatten damals riesige Bestände in unseren Lagern, die wir schließlich im Jahr der Wiedervereinigung alle verschenkt haben“, berichtet Bernadette Werner. Diese Umstrukturierung hatte zur Folge, dass große Inventur- und Materialbestände abgebaut wurden. Doch sie hat auch Arbeitsplätze gekostet, denn nur sechs der einst 24 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter konnten bleiben. Heute sind es noch vier.

Auch Schlösser sind Kunden
„Dies war kein leichter, aber ein wichtiger Prozess, denn wir mussten und müssen uns als Genossenschaft immer wieder anpassen“, so die gelernte Kauffrau, die seit mehr als 35 Jahren die Buchhaltung der Genossenschaft verantwortet – und die mit ihren Kollegen sämtliche Anfragen der Kunden bearbeitet und die Aufträge bis zur Auslieferung abwickelt. „Wir übernehmen damit einen Teil der Aufgaben und Risiken, sodass der Handwerker sich ausschließlich der Herstellung widmen kann“, erklärt Bernadette Werner. Dieses Bindeglied zwischen den Kunden und Handwerkern zu sein hat für Letztere viele Vorteile, unter anderem diesen: Kommt es zum Zahlungsausfall, liegt der Schaden bei der Genossenschaft. Das sei zwar selten, aber schon das eine oder andere Mal passiert.

Heute zählen nicht nur Privatkunden aus ganz Deutschland, sondern auch zahlreiche staatliche Schlösser und öffentliche Verwaltungen zu den Auftraggebern der Sitzmöbelhandwerk Oelsa eG. „Wir haben schon so schöne Stühle gefertigt, dass ich manchmal traurig war, wenn sie unser Unternehmen verlassen haben und auf die Reise geschickt wurden“, sagt Bernadette Werner lachend. Dass sie vom „Wir“ spricht, verdeutlicht einmal mehr die Verbundenheit und Zusammenarbeit der Genossenschaftsmitglieder. Einer der aufwendigsten Aufträge war jener für die Staatliche Hessische Schlösserverwaltung, die für ihr Schloss Bad Homburg Nachbauten historischer Stühle benötigte. Die Originale, die nach Oelsa gebracht wurden, mussten aufgrund ihres Wertes enorm hoch versichert werden. „Das war ein sehr spannender Auftrag, den wir sehr gerne übernommen und bearbeitet haben“, betont die Geschäftsführerin. Ebenso wie den für die Nationaloper im niederländischen Enschede, für die auf Vorlage einer Zeichnung ein riesengroßer Tisch angefertigt wurde.

Möbel nach Maß und auf Wunsch
Wichtig bei allen Stuhl-Aufträgen ist immer eins: Der Kunde muss eine Sitzprobe machen. „Ohne das ist hier nichts zu kaufen und zu verkaufen.“ So wie auch bei dem 2,05 Meter großen Herrn, der vier maßgefertigte Stühle mit ungewöhnlicher Sitzhöhe bestellt hat. „Auf solche Kundenwünsche einzugehen ist unsere Stärke“, sagt Bernadette Werner. Viele Kunden kommen mit speziellen Wünschen von weit her, ab und an sogar aus dem benachbarten Ausland. Manchmal fährt Bernadette Werner auch zum Kunden hin, „um ein Gefühl für den Raum zu bekommen, denn beides bildet eine Einheit, wie beispielsweise bei einem Standesamt oder in einer Trauerhalle“. Reparatur-Anfragen kommen häufig übers Internet. Stimmt der Kunde nach der Kostenschätzung dem Auftrag zu, muss er das Original vorbeibringen oder schicken. Erst dann wird ein verbindliches Angebot erstellt. „Dabei machen wir keinen Unterschied, ob es sich um ein historisch wertvolles Sitzmöbel handelt oder eines vom Discounter, alles wird gleichbehandelt“, hebt sie hervor.

Neben dem Musterraum, in dem die Genossenschaft zahlreiche Musterstühle und -tische ausgestellt hat, besitzt diese auch einige Lager, sei es für den Warenbestand oder etwa die Verpackung. Eigens für den Versand hat die eG sogar spezielle Kartonagen anfertigen lassen. In ihnen werden beispielsweise auch die Möbelstücke für den langjährigen Partner, das Unternehmen Manufactum mit Hauptsitz in Waltrop, versandt. „Diese nun schon 20 Jahre währende Zusammenarbeit ist für uns eine feste Bank“, sagt Bernadette Werner. Wie Manufactum, für das vornehmlich Tische und Stühle aus Buche hergestellt werden, setzt auch die Sitzmöbelhandwerk Oelsa eG auf hochwertige Manufakturprodukte. Generell verarbeitet die Genossenschaft verschiedene Hölzer, darunter Esche, Eiche, Kirschbaum und Ahorn. Am meisten gefragt ist jedoch die Buche: „Sie hat wenig Eigenleben, sprich Maserungen, ist hell und man kann sie zu allen Farben ‚quälen‘, also beizen“, weiß die Fachfrau, die nach all den Jahren noch immer von der Vielfalt der Möbel, aber auch der Aufgaben begeistert ist und sagt: „Ich bin jeden Tag glücklich, wenn ich zur Arbeit gehe.“
Anja Scheve


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