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Zum MitgliederportalGENiAL-Redaktionsmitglied Anastasia Buchna ist im März mit ihrer Mutter und ihrem Sohn nach Deutschland geflohen. Ihr Ehemann und ihre alten Schwiegereltern blieben in der heute russische annektierten Stadt Berdjansk zurück. Eine Landwirtsfamilie aus Ottenstein nahm Anastasia mit ihrer Familie herzlich auf. Für diese Geschichte verlässt GENiAL sein journalistisches Format und lässt Anastasia persönlich erzählen.
Die ukrainische Familie Buchna mit der deutschen Gastfamilie Vöcker (v.l.n.r.): Paul Vöcker, Anastasia Buchna mit ihrer Mutter Larisa, Lina, Martina und Thomas Vöcker, David Porvatov. / Foto: Marco Stepniak
In Weihnachtsgeschichten, -büchern und -filmen geht es immer um Wunder, die dank der Güte und des Glücks von Menschen geschehen. In schweren Zeiten wie diesen stärkt und erwärmt jede freundliche Geste das Herz und hilft uns Ukrainer*innen, diese Kriegstragödie zu überstehen. Russlands Überfall auf die Ukraine hat Tausende Menschenleben vernichtet und viele Familien auseinandergerissen. Doch es gibt auch Tausende von Menschen, die sich erst durch den Krieg kennengelernt haben und sich gegenseitig helfen. Das ist das Wunder.
Für mich ist ein solches Wunder die Begegnung mit der Familie Vöcker aus Ahaus-Ottenstein. Sie öffneten uns die Tür ihres Hauses, als meine Familie ihres in der Ukraine verlassen musste. Thomas und Martina Vöcker sowie ihre Kinder Paul und Lina waren unsere Retter in der Not, sozusagen unsere Weihnachtsengel. Ein weiterer Engel ist für mich auch Ursula Wagner, eine Freiwillige in Ottenstein, die mir geholfen hat, als Journalistin beim Genossenschaftsverband beschäftigt zu werden. Unsere Geschichte mit der Familie Vöcker steht für die große Solidarität und Unterstützung, die viele deutsche Bürger*innen gegenüber Geflüchteten aus der Ukraine zeigen. Und diese Hilfe ist genauso wichtig wie die militärische und finanzielle Unterstützung der deutschen Regierung für die Ukrainer*innen.
Wenn ich über das Schicksal meiner Familie nachdenke, kommen mir viele Parallelen zwischen diesem Krieg und dem Zweiten Weltkrieg in den Sinn. Es ist schon eine Tragödie, dass ich aus meiner ukrainischen Heimat fliehen musste, weil Soldaten aus dem russischen Geburtsort meines Großvaters nun gegen uns Krieg führen. In Ahaus-Ottenstein wurde ich dann von einem Landwirt aufgenommen, dessen Vater in der deutschen Armee im Zweiten Weltkrieg gekämpft hat. Im gleichen Krieg, nur auf der sowjetischen Seite, kämpften damals meine vier Urgroßväter. All dies erklärt, wie dramatisch es für jeden Ukrainer und jede Ukrainerin ist, wie die russischen Besatzer Herkunft und Familienbande manipulieren, Gebiete an sich reißen und unsere Städte und unser Volk zerstören wollen.
„Wir wollten gern helfen“
Thomas Vöcker erzählte mir, wie erschrocken und entsetzt er und seine Familie auf den Kriegsausbruch in der Ukraine reagiert haben. Als dann noch im März die Stadt Ahaus ihre Bürger*innen aufrief, die Ukrainer*innen zu unterstützen, überlegte er sofort, eine zwei- oder dreiköpfige ukrainische Familie aufzunehmen. Und genauso dachte auch seine Frau Martina. So entschieden sie gemeinsam mit ihren Kindern, uns das Angebot zu machen, bei ihnen zu wohnen. Wir sagten sofort zu. So kamen wir nach Ahaus-Ottenstein in die kleine, malerische Bauernschaft Hörsteloe auf den landwirtschaftlichen Hof der Familie Vöcker. Als ich Martina einmal fragte, warum sie und ihre Familie bereit waren, ihre eigene Bequemlichkeit und Zeit für Fremde zu opfern, sagte sie einfach nur: „Wir wollten gern helfen.“
Der Familienbetrieb Vöcker ist ein Bauernhof mit rund 270 Stück Großvieh, darunter 50 Kälber, 70 Fresser und 150 Bullen. Außerdem mästen die Vöckers noch 180 Schweine. Mein achtjähriger Sohn David fühlt sich dort wie im Paradies. Er bestaunt die Traktoren, streichelt und füttert die Tiere. Thomas Vöcker hat den Familienbetrieb vom eigenen Vater geerbt und arbeitet schon seit Kindesbeinen dort mit. „Mein Vater war schon 48 Jahre alt, als ich zur Welt kam. Für uns Kinder war es selbstverständlich, auf dem elterlichen Hof mitzuhelfen.“
Die Kinder der Vöckers sind noch jung, Paul denkt über eine Ausbildung zum Elektriker nach und ist 15 Jahre alt, die kleine Schwester Lina ist zwölf Jahre alt. Ob die beiden einmal den Hof übernehmen werden, steht noch in den Sternen. Sie leben das normale Leben von Teenagern, aber helfen auch auf dem Hof mit. Ihre Eltern würden sich natürlich sehr freuen, wenn einer der Kinder in Zukunft den Hof übernehmen würde, obwohl die Bauern vor großen Herausforderungen stünden, sagt Vater Thomas. Das Klima habe sich im Laufe der Jahre verändert und es werde immer schwerer und teurer, Futtermittel anzubauen. Thomas Vöcker kritisiert die Rahmenbedingungen in der Viehzucht für die landwirtschaftlichen Betriebe. Die Verbraucher*innen, so Thomas Vöcker, stellten hohe Ansprüche an die Landwirtschaft, zum Beispiel an neue Richtlinien für Tierwohl. Gleichzeitig seien sie aber nicht bereit, für das hochwertige Lebensmittel mehr zu zahlen.
Außerdem plädiert er dafür, deutsche landwirtschaftliche Produkte besser zu unterstützen: „Ich wohne in Ottenstein und erzeuge hier meine Produkte. Aber es ist schon seltsam, dass alle regionale Produkte haben möchten und dann an der Verkaufstheke trotzdem zum argentinischen Rind greifen.“ Martina und Thomas sind trotz der vielen Arbeit Landwirte aus Überzeugung und gerne Landbewohner: „Ein Leben in der Stadt kann ich mir einfach nicht vorstellen“, sagt Thomas Vöcker.
Mir hat besonders gefallen, wie die Menschen in der Bauernschaft zusammenleben und arbeiten. Wir haben zum Beispiel erlebt, wie sich benachbarte Landwirte gegenseitig geholfen und Maschinen gemeinsam genutzt haben. Die Nachbarn verbringen auch oft ihre Freizeit zusammen und veranstalten sehr gemütliche und herzliche Feste.
Meine Familie und ich wohnen inzwischen in der Stadt, in Ahaus. Familie Vöcker hat uns geholfen, eine Wohnung zu finden und sie einzurichten. Wir sind sehr dankbar, dass sie uns auch weiterhin in schwierigen Situationen unterstützen wollen. Sechs Monate haben wir mit der Familie Vöcker gelebt und die Zeit mit ihnen auf ihrem beschaulichen Hof sehr genossen. Sie sind und bleiben unsere Freunde.
Anastasia Buchna
Die ukrainische Journalistin Anastasia Buchna ist seit dem 1. August für sechs Monate Teammitglied im Verbandsbereich Kommunikation & Change. In ihrer Heimatstadt Berdjansk am Asowschen Meer, die heute in russischer Hand ist, war sie Herausgeberin verschiedener Tageszeitungen. Anastasia Buchna wird auf der Verbandswebsite, in GENiAL und in den sozialen Medien des Verbandes über die Situation in der Ukraine berichten und dafür ihre Netzwerke vor Ort nutzen. Schwerpunkte werden die Landwirtschaft und die Lage von Genossenschaften im besetzten und unbesetzten Teil der Ukraine sein. Dabei lässt Anastasia Buchna Menschen aus der Ukraine zu Wort kommen.
Folgende Themen hat Anastasia Buchna bereits auf der Verbandswebsite veröffentlicht: Das Leid der Landwirtinnen vor allem im russisch besetzten Teil der Ukraine, das Schicksal eines Bürgermeisters aus der südlichen Ukraine, das stellvertretend für viele Schicksale im Land steht, sowie Daten und Fakten zu Getreideproduktion, export und -raub sowie zur Räumung von verminten Feldern. Weitere Texte sind in Arbeit.
www.genossenschaftsverband.de/ukraine-wirtschaften-und-ueberleben/