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BaFin erklärt grundsätzliche Fragen zur EU-Offenlegungsverordnung

  • 16.09.2022
  • von
  • Grundsatzblog

Die BaFin hat am 5. September 2022 Fragen und Antworten zur Offenlegungsverordnung veröffentlicht. Darin geht es um die Stellung von Finanzanlagenvermittlern (§ 34f GewO), die Definition des Wortes "promote", Einzelheiten zur Taxonomieverordnung sowie Transparenzpflichten von Bestandsverträgen.

Die Antworten der BaFin haben wir im Folgenden auszugsweise zusammengestellt. Die BaFin weist daraufhin, dass die Antworten unter dem Vorbehalt ein künftigen, eventuell anders ausfallenden Auslegung der Europäischen Kommission oder durch den Gemeinsamen Ausschuss der Europäischen Aufsichtsbehörden stehen.

Sind Finanzanlagevermittler mit Erlaubnis nach § 34f Gewerbeordnung betroffen?

Finanzanlagenvermittler mit Erlaubnis nach § 34f Gewerbeordnung (GewO) sind innerhalb der Bereichsausnahme tätig (§ 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 8 KWG) und damit weder ein Finanzdienstleistungsinstitut noch ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen oder eine Wertpapierfirma. Folglich gelten sie nicht als Adressat der OffenlegungsVO. Wertpapierfirmen fallen wegen des Verweises in Art. 2 Abs. 5 OffenlegungsVO nur dann unter die Verordnung, wenn sie die Definition in Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 MiFID II erfüllen. Für diese gilt jedoch die in Art. 17 Abs. 1 OffenlegungsVO geregelte Ausnahme, da Deutschland nicht von der "Ausnahme der Ausnahme" nach Abs. 2 Gebrauch gemacht hat.

Wann liegt ein "Bewerben" vor?

Das Verständnis des englischen Worts "promote" (eigentlich übersetzt als bewerben) wird von der Europäischen Kommission weit ausgelegt. Die BaFin definiert "bewerben" daher als "fördern", was dazu führt, dass es für "promote" nicht erforderlich ist, dass für ein Finanzprodukt aktiv Werbung betrieben wird. So kann in der Folge auch die Erfüllung gesetzlich vorgeschriebener Informationspflichten zu einem "promote" führen. Fördern im Sinne der BaFin muss sowohl nach außen kommuniziert sein als auch zielgerichtet erfolgen. Dabei ist es denkbar, dass dem Fördern aktive bzw. passive Anlagestrategien zugrunde liegen. Bei reinem "Investiert sein" in beispielsweise nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten liegt vom Grundsatz her aber bereits noch kein solches "Fördern" vor.

Muss jedes Finanzprodukt auf Taxonomiekonformität geprüft werden?

Die BaFin sieht derzeit keine Pflicht, sämtliche einem Finanzprodukt zugrunde liegenden Investitionen auf Konformität zur Taxonomie hin zu prüfen und die dazu benötigten Daten zu sammeln. Zwar müssen unter Art. 8 OffenlegungsVO fallende Finanzprodukte entsprechende Publizitätspflichten (v. a. Taxonomie-Quote) erfüllen (Art. 6 i. V. m. Art. 5 TaxonomieVO). Der Ausweis der Taxonomie-Quote kann aber auch den Wert "0" aufweisen. Dabei ist es aus Sicht der BaFin noch unklar, ob eine Investition mit "0" im Zähler der Quote anzusetzen ist, wenn gar keine Daten erhoben wurden (Alternative 1) oder bei zumutbaren Anstrengungen die vollständige Datenermittlung ohne Erfolg blieb (Alternative 2). Dabei ist für die BaFin z. B. Alternative 1 grundsätzlich vertretbar.

Was ist mit Bestandsverträgen, deren Vertrieb vor dem 10. März 2021 eingestellt wurde?

Regelungen zu Bestandverträgen im Kontext der OffenlegungsVO wurden wie folgt konkretisiert: Es kann nicht der Schluss gezogen werden, dass für sämtliche Bestandsverträge, deren Vertrieb vor dem 10.03.2021 eingestellt wurde, die Artikel 10 und 11 OffenlegungsVO zu erfüllen sind. Und so betrifft die Verpflichtung zu den Bestandsverträgen gemäß Europäischer Kommission lediglich diejenigen, welche Tatbestandsvoraussetzungen nach Art. 8 oder 9 Offenlegungs-VO erfüllen (maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung ist sind Umstände zum Zeitpunkt der Vertriebsphase).

Obwohl für Bestandsverträge mit Angabe zur Nachhaltigkeitswirkung i. S. Art. 8 und 9 Offenlegungs-VO, deren Vertrieb vor dem 10.03.2021 eingestellt wurde, die Offenlegungspflichten nach Art. 10 und 11 Offenlegungs-VO zu erfüllen sind, ist grundsätzlich bei allen betreffenden Bestandsverträgen zu untersuchen, ob in der Vertriebsphase Angaben zur Nachhaltigkeitswirkung gegenüber Kunden (z. B. Homepage, vorvertragliche Informationen etc.) gemacht wurden. Dafür müssten Finanzmarkteilnehmer Unterlagen aus Archiven bereitstellen, lesen sowie bestimmen, ob möglicherweise damalige Angaben mit ESG-Bezug heute die Voraussetzungen gemäß Art. 8 oder 9 Offenlegungs-VO erfüllen. Hierzu führt die BaFin ihre Anforderungen weiter aus.

Gemäß der Fragen und Antworten der BaFin zur OffenlegungsVO bestehen im Fall nicht mehr vertriebener Finanzprodukte (unbeschadet anderer Rechtsvorschriften) keine vorvertraglichen Offenlegungspflichten. Und so existiert auch keine vorvertragliche Aufklärungssituation bei nicht mehr vertriebenen Finanzprodukten, in welcher entsprechende Nachhaltigkeitsangaben die potenziellen Endanleger erreichen.

Sprechen Sie hierzu gerne an:

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Tobias Grollmann

Spezialistenteams Banken
Abteilungsleiter
Fachlicher Leiter Spezialistenteam
Nachhaltigkeit/Sustainable Finance