GENiAL 1-2018

34 | GENiAL | 1-2018 Herr Simon, die regulatorische Bürde für kleine, regionale Banken steigt. Ein zentraler Grund ist die mangeln- de Differenzierung zwischen großen und kleinen Banken. Wo könnte hier Abhilfe geschaffen werden? PETER SIMON: Die Europäische Kom- mission hat Ende 2016 zwei umfassende Gesetzesvorschläge zur Bankenregulie- rung in der EU vorgelegt. Dieser Vorschlag setzt die international vereinbarten Basel III Standards für Eigenkapitalmittelanfor- derungen und Aufsicht über Banken in eu- ropäisches Recht um. Bei der Umsetzung dieser Standards sollten aber europäische Besonderheiten in Betracht gezogen wer- den. Die EU verfügt über eine sehr diver- sifizierte Bankenbranche mit größeren Privatbanken auf der einen Seite und eher kleineren Instituten wie Genossenschafts- banken und Sparkassen auf der anderen Seite. Die bisherigen Regelungen belas- ten diese kleineren Institute überpropor- tional. Hier gilt es Abhilfe zu schaffen. Für diese kleinen Banken sollen laut dem Kommissionsvorschlag deshalb in Zukunft Vereinfachungen bei den Offenlegungs- und Berichtspflichten gelten. Der Vor- schlag geht meiner Meinung nach in die richtige Richtung, schafft aber noch nicht die Abhilfe, welche kleinere und risikoar- me Banken wie Genossenschaftsbanken und Sparkassen wirklich brauchen. Für die Behandlung der Gesetzesvorschläge habe ich die Federführung übertragen be- kommen. In dieser Funktion schlage ich weitergehende Erleichterungen vor: Ein Mandat für die Europäische Bankenauf- sichtsbehörde (EBA) soll zu einer Reduk- tion der Befolgungskosten des Meldewe- sens für kleine Banken von mindestens 10 Prozent führen. Um im Wettbewerb mit größeren Banken bestehen zu kön- nen, brauchen wir zudem Erleichterungen bei der Berechnung von hochkomplexen Kennzahlen. So ist beispielsweise die Berechnung der strukturellen Liquiditäts- quote, die Net Stable Funding Ratio, für kleinere Banken besonders anspruchsvoll. Hier schlage ich eine vereinfachte Quote für kleine und nicht komplexe Banken vor, die nur noch 10 Prozent der Datenpunkte zur Berechnung benötigt. Bis zu welcher Schwelle könnten Banken von den regulatorischen Erleichterungen profitieren? Der ursprüngliche Vorschlag einen Schwel- lenwert von 1,5 Milliarden Euro vorzuge- ben, ist ganz grundsätzlich zu begrüßen. In Deutschland ist eine Bank mit der von der EU-Kommission als Schwellen- wert vorgeschlagenen Bilanzsumme von 1,5 Milliarden Euro sicherlich eine kleine Bank. In Malta mit einem Bruttoinlands- produkt von rund 10 Milliarden Euro ist eine Bank mit einer solchen Bilanzsum- me wohl aber keine kleine Bank mehr. Was wir also folgerichtig brauchen, ist ein aufsichtsrechtlicher Spielrahmen, der sich auch an der Größe der Volkswirtschaften der Mitgliedsstaaten orientiert. Deshalb wollen wir die 1,5 Milliarden Euro als Re- ferenzwert beibehalten, aber der zustän- digen Aufsicht die Möglichkeit geben, den Schwellenwert abzusenken oder zu erhöhen. So kann der Schwellenwert auf bis zu 1 Prozent des BIPs eines Mitglieds- staates herabgesetzt werden. Voraus- setzung ist natürlich, dass dieser unter 1,5 Milliarden Euro liegt. In Malta wäre also ein Schwellenwert von 10 Millionen Euro möglich. Bei größeren Mitglieds- staaten, wie z.B. Deutschland oder Frank- reich, kann es dagegen sinnvoll sein, den Schwellenwert zu erhöhen. In diesem Fall kann die zuständige Aufsicht den Schwel- lenwert von 1,5 Milliarden um 0,1 Prozent des BIPs des Mitgliedsstaates erhöhen. So könnten Banken in Deutschland bis zu einem Schwellenwert von 4,8 Milliarden Euro als kleine Bank behandelt werden. Voraussetzung hierfür ist aber immer die entsprechende Einstufung durch die zu- ständige Behörde. Inwieweit berücksichtigen Ihre Vor- schläge, dass der Risikogehalt einer Bank auch vom Geschäftsmodell abhängt? Zusätzlich zu den genannten Größenkrite- rien spielt das Geschäftsmodell eine zen- trale Rolle bei der Risikobewertung einer Bank, denn kleine Banken können auch in risikoreichen Geschäftsfeldern aktiv sein. Deshalb finden sich auch mehrere quali- tative Kriterien in unserem Vorschlag. So kann eine Bank nur von den Regeln pro- fitieren, wenn sie über ein kleines Han- delsbuch, das heißt Handelsaktivitäten kleiner als 50 Millionen Euro bzw. kleiner 5 Prozent der Bilanzsumme, und ein klei- nes Derivatgeschäft – maximal 2 Prozent der Bilanzsumme dürfen Derivatgeschäfte mit Handelsabsicht sein – verfügt. Zu- sätzlich darf die Bank keine komplexen internen Modelle verwenden und nicht im Insolvenzfall abgewickelt werden und muss folglich einer normalen Liquidation unterliegen. Der SPD-Politiker und stellvertretende Vorsitzende im Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments Peter Simon setzt sich für eine deutliche Reduzierung der Regulatorik für Regionalbanken ein. Die GENiAL-Redaktion befragte ihn nach seinen Lösungsvorschlägen. Regulatorische Belastung von kleineren Banken reduzieren Das gesamte Interview auf www.dazumehr.de/simon Foto: Felix Kindermann

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